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Nicht die Finger verbrennen!

Bautenschutz & Denkmalpflege
Nicht die Finger verbrennen!

Brandschutzanstriche auf Stahl sind im Kommen. Malerbetriebe haben dabei die Chance, sich bei Architekten und Bauherren als kompetente Ansprechpartner zu positionieren. Fachorganisationen und Hersteller helfen ihnen dabei.

Josef Schneider

Das Deutsche Institut für Bautechnik formuliert es unmissverständlich: „Die Beschichtungsstoffe dürfen nur von Fachkräften aufgebracht werden, die mit der Wirkungsweise und der Verarbeitungsweise des reaktiven Brandschutzsystems durch den Hersteller des Dämmschichtbildners in intensiver Schulung vertraut gemacht worden sind… .“ Diese Forderung, nachzulesen in Punkt 4.1 der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung, lässt keinen Raum für Diskussionen. Sie verpflichtet den Hersteller dazu, die Verarbeiter ihrer Produkte zu schulen – egal ob diese 15, 50 oder 5.000 Quadratmeter Stahlfläche mit einem Brandschutzanstrich beschichten möchten. Und das ist auch gut so. „Wir verkaufen keine Farbe, sondern Sicherheit für Menschenleben.“ Dr. Herbert Weiss, Brandschutzexperte der Sika Korrosionsschutz GmbH, bringt es mit dieser Aussage auf den Punkt. Deshalb kommen seine Fachberater, egal wie groß der Auftrag auch sein mag, bei Auftragsbeginn direkt auf die Baustelle. Sie schulen die ausführenden Maler vor Ort – kostenlos.
Ein besonderes Augenmerk legen die Fachberater auf die Untergrundvorbehandlung. Strahlen im Vorbereitungsgrad Sa 2½ nach DIN EN ISO 12944 Teil 4 schafft eine optimale Oberfläche auf neuem, unbehandeltem Stahl. Bei vorhandenen Altbeschichtungen oder bauseits vorhandenen Grundierungen sind diese auf Eignung zu überprüfen. Die Haftungsprüfung erfolgt mittels Gitterschnitt nach EN ISO 2409. Der Gitterschnitt-Kennwert muss in diesem Falle über GT > 3 betragen. Ist die Haftung gewährleistet, wird eine ungefähr 5-minütige Brandprobe mit dem Bunsenbrenner durchgeführt. Diese zeigt, ob sich der vorhandene Anstrich bei Hitze ablöst. Wenn ja, dann muss dieser vollständig entfernt werden.
Kein Hexenwerk
In einer abschließenden Verträglichkeitsprüfung wird getestet, ob die Altbeschichtung mit dem Brandschutzanstrich harmoniert. Hierzu wird eine Probefläche mit dem Dämmschichtbildner angelegt. Eine anschließende erneute Brandprobe zeigt, ob die Haftung gewährleistet ist oder ob die Brandschutzbeschichtung abrutscht. Sollte Letzteres der Fall sein, müsste die Altbeschichtung komplett entfernt werden. Die Beschichtung der Stahlflächen ist kein Hexenwerk. Idealerweise erfolgt der Materialauftrag mit dem Airlessgerät. Damit erzeugt man erstens eine homogenere Oberfläche und kann zweitens mehr Material je Arbeitsgang, nämlich bis zu 1.000 Gramm je Quadratmeter, aufbringen. Allerdings liegt der Materialbedarf im Vergleich zum manuellen Farbauftrag mit Rolle oder Pinsel um ungefähr 20 Prozent höher. Egal ob der Farbauftrag mit Airlessgerät oder mit dem Pinsel erfolgt – man darf nicht vergessen, dass es sich bei Brandschutzbeschichtungen um Industrieanstriche handelt, deren Funktionalität im Vordergrund steht. Das bedeutet, dass bei Trockenschichtdicken von teilweise über 4 Millimetern natürlich Abstriche bei der Oberflächenqualität zu machen sind. Filigrane Konstruktionsdetails, wie beispielsweise Schraubverbindungen und Nieten, verlieren an Detailschärfe und wirken im Extremfall wie zugeschmiert. Dr. Herbert Weiss empfiehlt, sich im Vorfeld mit dem Architekten und Bauherrn auf eine machbare Oberflächengüte zu einigen und diese per Musterfläche zu dokumentieren. Andernfalls sind Meinungsverschiedenheiten vorprogrammiert.
Serviceleistungen
Doch mit der Vor-Ort-Schulung sind die Serviceleistungen der Hersteller noch lange nicht erschöpft: Sie helfen bei der Berechnung der für die Ermittlung der Anstrichdicke so wichtigen U/A-Werte, führen eine Materialbedarfsrechnung durch, unterstützen den Verarbeiter bei der Schichtdickenmessung. Und wenn der Stahl bereits eine Grundierung aufweist, wird diese von den Herstellern auf Verträglichkeit überprüft – notfalls im Labor. Doch nicht nur auf der Baustelle, auch im Internet überzeugen die Hersteller mit kompetenter Beratung. „Wir haben für die Untergrundprüfung eine Anleitung entwickelt, welche den Verarbeiter bei der Prüfung von Altbeschichtungen auf Stahlkonstruktionen unterstützt.“ Dr. Brigitte Roggon weist in diesem Zusammenhang auf die umfangreichen Dokumente hin, die auf der Website ihres Unternehmens, der Rudolf Hensel GmbH, bereitgestellt werden. Technische Merkblätter, Zulassungen, Ausschreibungsvordrucke, Kalkulationshilfen und vieles mehr schaffen beim Verarbeiter das gute Gefühl, dass er nicht alleine gelassen wird.
Unterstützung erfährt man aber auch von ganz anderer Seite. Der BAUEN MIT STAHL e.V. bietet ebenfalls eine Fülle von Informations- und Beratungsleistungen an. Der zuständige Fachberater für Brandschutz Dipl.-Ing. Hans-Werner Girkes (siehe Interview) hat speziell für Verarbeiter eine Arbeitshilfe für Brandschutz im Stahlbau erstellt. Darin wird die brandschutztechnische Bemessung von Stahlbauten an Rechenbeispielen dargestellt. Außerdem finden sich Richtlinien und bauaufsichtliche Bestimmungen erläutert.
Kein Billigprodukt
Die Serviceleistungen der Hersteller müssen natürlich von irgendjemandem bezahlt werden. Brandschutzprodukte sind keine Billigprodukte: „80.000 bis 100.000 Euro Entwicklungskosten und rund ein Jahr Zeit für den Genehmigungsprozess bis zur Zulassung“, beziffert Dr. Herbert Weiss den Aufwand für die Produktentwicklung. Ein Aufwand, der sich natürlich im Materialpreis widerspiegelt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Beschichtungen ist zudem der Materialanteil bei Brandschutzbeschichtungen erheblich. Im Extremfall sind bis zu 7.800 (!) Gramm je Quadratmeter aufzubringen. Auch der Lohnanteil ist nicht zu verachten. Immerhin sind, um die riesigen Materialmengen aufzubringen, bis zu neun Arbeitsgänge notwendig. Verbunden mit den sehr strengen deutschen Vorschriften führte das in der Vergangenheit dazu, dass auf Brandschutzanstriche oft ganz verzichtet wurde. Stattdessen investierte der Bauherr lieber in Rauchmelder, Sprinkleranlagen oder unbrennbare Bauelemente, welche die Brandlast senken halfen. Doch seit einigen Jahren findet ein Umdenken statt. „Brandschutzbeschichtungen werden wieder stärker nachgefragt. Für qualifizierte Malerbetriebe ergibt sich hier eine zusätzliche Marktchance“, macht Dr. Brigitte Roggon den Malern Hoffnung auf attraktive Zusatzgeschäfte und höhere Erträge.

kompakt
Die Brandschutz Arbeitshilfen für Stahlbau informieren über die brandschutztechnischen Besonderheiten im Stahlbau. Für Maler und Lackierer besonders interessant sind die Tabellen, aus denen sich die U/A-Werte der Stahlprofile ablesen lassen. Dieser Wert ist maßgebend für die Beschichtungsdicke der Dämmschichtbildner. Die Arbeitshilfen können angefordert werden bei:
BAUEN MIT STAHL e.V. Sohnstraße 65 40237 Düsseldorf Tel.: (0211) 6707-828/Fax: -829 www.bauen-mit-stahl.de zentrale@bauen-mit-stahl.de

Arbeitshilfen für Maler und Lackierer

Vier Fragen an Dipl.-Ing. Hans-Werner Girkes, Fachberater für Brandschutz bei BAUEN MIT STAHL e.V., Düsseldorf.
Was ist der „BAUEN MIT STAHL e.V.“? Wir sind ein auf das Bauwesen spezialisiertes Kompetenzzentrum. Zu unseren Aufgaben zählen die Beratung im Stahlhoch- und -brückenbau. Dazu gehören Wissensvermittlung, Schulung und Nachwuchsförderung. Unsere Fachberatung ist vertraulich, kostenlos sowie firmen- und produktneutral.
Was ist speziell Ihre Aufgabe im Bereich Brandschutz? Wir haben die Aufgabe, eine Hilfestellung beim Brandschutz zu geben. Wir beraten zum einen beim passiven, baulichen Brandschutz; also wie werden Stahlkonstruktionen geschützt. Außerdem zeigen wir bereits im Vorfeld Lösungsansätze auf, um wirtschaftlich und ohne Sicherheitsaspekte zu vernachlässigen auf ein Objekt bezogen die Brandschutzanforderungen zu optimieren. Daraus ergeben sich die Hauptaufgaben: Beratung von Ingenieuren/Architekten an einem konkreten Objekt, Vorlesungen an Hochschulen, Vortragsveranstaltungen, Erstellung von Broschüren und Arbeitshilfen.
Welche Arbeitshilfen zum Thema Brandschutz werden von Ihnen erstellt? Unsere Brandschutzarbeitshilfen sollen dem Anwender Hilfestellungen bei seiner täglichen Arbeit geben. Dazu haben wir unter anderem Arbeitshilfen erstellt, in denen die brandschutztechnische Bemessung von Stahlbauten an Rechenbeispielen dargestellt wird. Des Weiteren haben wir Brandschutzarbeitshilfen, in denen Richtlinien und bauaufsichtliche Bestimmungen erläutert werden, und Broschüren, in denen der Brandschutz von Stahlbauteilen ausführlich dargestellt wird.
Welche wesentlichen, für Maler interessanten Inhalte bieten diese Arbeitshilfen? Für Maler und Lackierer haben wir Arbeitshilfen, aus denen sich die U/A-Werte der Stahlprofile ablesen lassen. Dieser Wert ist maßgebend für die Beschichtungsdicke der Dämmschichtbildner. Darüber hinaus haben wir auch Arbeitshilfen zum Korrosionsschutz und den entsprechenden Beschichtungen.

praxisplus
Eine Übersicht über die Brandschutz-Arbeitshilfen des BAUEN MIT STAHL e.V. finden sich im Internet unter www.bauen-mit-stahl.de (Publikationen/Brandschutz Arbeitshilfen). Die Arbeitshilfen stehen dort als Download bereit.
Die Firma Rudolf Hensel bietet auf ihrer Website www.rudolf-hensel.de zahlreiche Vordrucke, unter anderem zur Prüfung von Altbeschichtungen auf Stahlkonstruktionen.
Sehr gut und mit hoher Informationstiefe ist die Rubrik Wissenspool auf der Sika-Website www.sika.com
Hersteller von Brandschutzbeschichtungen auf Stahl:
Brandchemie GmbH 63329 Egelsbach Tel.: (06103) 9446-0 www.brandchemie.de
pfp systeme GmbH 73113 Ottenbach Tel.: (07165) 9292-93 www.pfp-systeme.de
Rudolf Hensel GmbH 21039 Börnsen Tel.: (040) 721062-10 www.rudolf-hensel.de
Rütgers Organics GmbH 68305 Mannheim Tel.: (0621) 7654-249 www.ruetgers-organics.de
Sika Korrosionsschutz GmbH 71657 Vaihingen/Enz Tel.: (07042) 109-0 www.sika.com
svt Brandschutz Vertriebsgesellschaft mbH International 21217 Seevetal Tel.: (04105) 4090-0 www.svt.de
Eine Übersicht aller Dämmschichtbildenden Brandschutzbeschichtungen auf Stahlbauteilen finden Sie auf der Malerblatt-Homepage unter www.malerblatt.de im Bereich Download.
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