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Rettungsschirm

Betrieb & Markt
Rettungsschirm

Werner Schledt

Hickhack wie beim Euro auch bei der Förderung der energetischen Modernisierung: Erst sollen die Kosten steuerlich absetzbar sein, dann wieder nicht, aktuell vielleicht doch. Sicher scheint nur – auch das wie beim Euro – dass alles teurer wird. ( BILD: „Heizen wird Luxus.“) Derzeit wenden die Haushalte 7–8 Prozent ihres Einkommens für Energie auf. Bald werden es 15–16 Prozent sein. Allein die Stromkosten werden um die Hälfte steigen. Steht alles in dem Entwurf eines Strategiepapiers zur EU-Energiepolitik des zuständigen Kommissars Günther Oettinger.
Bei diesem Hickhack von Entwürfen ist auch guter Rat teuer. Aber vielleicht gibt es für die steuerliche Absetzbarkeit ja doch noch einen Rettungsschirm – oder wenigstens einen Hebel.
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Fast 90 Prozent von mehr als 500 befragten Führungskräften wünschten sich zu Weihnachten von Geschäftspartnern eine persönliche Karte. Nur jeder Fünfte gab an, dass er sich über die herkömmlichen Präsente gefreut hat. Demnach haben wir wohl was falsch gemacht.
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Arbeitszeugnisse sollte man am besten ganz abschaffen. In ihnen ist nämlich nur Lob erlaubt. Damit nicht genug: nur echtes. Um nun zu wissen, wodurch sich echtes von falschem Lob unterscheidet, müsste man wenigstens einige der unzähligen Bücher gelesen haben, denen man entnehmen kann, wie selbst gute und gut gemeinte Beurteilungen ins Gegenteil verdreht werden.
Da hat zum Beispiel einer geschrieben: „Wir haben ihn als interessierten und hoch motivierten Mitarbeiter kennengelernt“.
Diese Formulierung ist nach Meinung des Bundesarbeitsgerichtes eine unzulässige, negative Botschaft, die vermuten lasse, dass das Lob unzutreffend sei. Und das würde dem Betreffenden bei Bewerbungen schaden.
Mir kann dieser Unsinn nichts anhaben: Ich lese Bewerberzeugnisse schon lange nicht mehr, lasse Mitarbeiter, die eines anfordern, selber schreiben – und unterschreibe das dann.
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Schade, dass sich diese Idee nicht auf unser Handwerk übertragen lässt: Mein Bäcker bietet seit einiger Zeit an, trockene Brötchen zurückzunehmen und unentgeltlich gegen frische auszutauschen. Alle reden drüber und finden es gut. Kostenlose PR – weil keiner es tut.
„Blaulicht heilt kranke Haut.“ Über dieses Ergebnis der Studie einer Universitätsklinik wurde jetzt in einer renommierten Tageszeitung berichtet. Jetzt. Mir fiel sofort eine Jahre zurückliegende Begegnung und eine Begebenheit mit Maria Hulke, Autorin des Buches „Heilen mit Farbe“, ein. Ein Wintersportdomizil hatte zu diesem Thema einen abendlichen Vortrag angeboten, der mich (ich arbeitete damals gerade an Projekten zur psychologischen und physiologischen Farbgestaltung von Arbeitsplätzen und -räumen) interessierte. Neu war mir, dass Maria Hulke von erfolgreicher Wundbehandlung mittels Blaulicht-Akupunktur berichtete; interessant, dass sie individuellen Bedarf an Farbwirkungen auspendelte; entschieden bestritten habe ich, dass Farbe ihre Wirkung auf den Menschen auch dann noch entfalte, wenn man, wie sie es empfahl, das Pigment in einem Flakon mit sich führe – schließlich, so meine Argumentation, sei Farbe doch eine Funktion des Lichtes und könne folglich im Dunkeln einer Jackentasche, wo bekanntlich alle Katzen grau seien, keinerlei Wirkung entfalten. Kurzum: Wir vertieften unser Gespräch und setzten es schon am nächsten Abend in ihrem wunderschönen Haus (es war während der Winterzeit mit Stoffen und Kissen in warmen Farben dekoriert) fort. Es gab dabei viel Erfahrungsaustausch und Übereinstimmung – bis auf die Geschichte mit den Flakons in der Tasche. „Der Körper holt sich die Farbenergie, die er braucht“, meinte Maria Hulke kurz darauf auch in einem Winterseminar des Malerverbandes und steckte einem Herzpatienten, den sie unter den Teilnehmern ausgemacht hatte, einen Flakon mit „seinem“ Fehlbedarf an Farbe in die Brusttasche. Nach kurzer Zeit machte es Peng – das Glas war explodiert. Hatte sich das Pigment wirklich freigemacht? War das Glas doch schon defekt und durch die Körperwärme vollends geplatzt? Alle waren verblüfft, überrascht und verunsichert über diesen unerklärlichen Vorgang und diskutierten lange die Ursachen. Ich musste daran denken, als ich jetzt „Blaulicht heilt kranke Haut“ las. Jetzt.
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In einem Bericht der Süddeutschen Zeitung über das Werk von Friedrich Ernst von Garnier habe ich dieses Zitat gegen die zunehmend silbrige Unfarbigkeit moderner Architektur gefunden: „Silber ist das Grau der Snobs wie Beige das Weiß der Ängstlichen“. Gefallen hat mir auch dieses: Das flüchtige Weiß können wir doch bitte den davonfliegenden Wolken überlassen.
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Eigentlich hatten sich die beiden Eisverkäufer den Strand ganz sinnvoll aufgeteilt: Jeder positionierte sich in der Mitte einer Hälfte. Sie machten gute Geschäfte, warfen aber immer gierigere Blicke auf das Terrain des anderen. Deshalb gingen sie immer näher an die Mitte der beiden Strandhälften und standen schließlich mit demselben Angebot direkt nebeneinander. Den Nachteil bemerkten sie nicht gleich: Die Kunden an den Rändern blieben weg. Sie hatten sich umorientiert. Warum ich das wohl geschrieben habe?
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Musiker „bauen“ Sinfonien und schaffen „Klangkathedralen“ – auch Fugen. Der Philosoph und Naturwissenschaftler Schelling nennt Architektur „erstarrte Musik“; Schopenhauer bezeichnet sie als „gefrorene Musik“. Das sind schöne Vergleiche. Schade nur, dass es derzeit so wenig „erstarrte Musik“ gibt, stattdessen jede Menge seichter Schlager.
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Felix Magath: „Früher haben wir weniger verdient, dafür hatten wir mehr Spaß. Heute ist der Spaßfaktor geringer, dafür verdienen alle mehr.“ Gilt wohl auch für uns – oder?
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„Das deutsche Abitur ist reine Wissensvermittlung, Gesellen sind da schon weiter.“ Sehr richtig, was Handwerkspräsident Otto Kentzler im Streit um die Gleichstellung der Lehre mit dem Abitur da gesagt hat.
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Doppelt gesehen: „Unsere Gäste haben sich so zu verhalten, dass der Wirt sich wohlfühlt“. Mach ich doch, trinke mein Bier und denke: „Und unsere Kunden…“
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Pfusch: Die Erschließung eines Baugebietes am Rande einer deutschen Großstadt hat sieben Jahre gedauert. Jetzt verzögert sich der Baubeginn um weitere drei Jahre, die man braucht, um ein paar Zauneidechsen umzusiedeln. Dazu brachte einer meiner früheren Geschäftsführerkollegen in seiner Büttenrede folgende Pointe: „Für die Umsiedlung der Eidechsen muss erst noch ein zweiter Tunnel gebaut werden – falls im ersten mal das Licht ausfällt.“ Tusch!

kompakt
Relevantes für die Branche entdecken, Anstöße geben, manche Dinge auf die Schippe nehmen – genau das macht Werner Schledt in seiner Kolumne „Unverdünnt aufgetragen“. Der Autor war jahrzehntelang Betriebsberater und Verbandsgeschäftsführer im hessischen Maler- und Lackiererhandwerk. Jetzt engagiert er sich als Marketingleiter der Frankfurter TREIBS Bau GmbH und schreibt aus praktischer und betrieblicher Sicht exklusiv für die
Malerblatt-Leser.
Werner Schledt
TREIBS Bau GmbH
Heinrichstraße 9–11
60327 Frankfurt/Main
Tel.: (069) 750010-310
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