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Unwirksame Vertragsstrafenregelung

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Unwirksame Vertragsstrafenregelung

Beim Abschluss eines Werkvertrages machen viele Auftraggeber den Versuch, ihre Interessen besonders zu schützen. Ein Instrument dafür ist die Vereinbarung einer Vertragsstrafe. Dabei ist aber nicht jede Regelung zulässig. Generell ist davon auszugehen, dass die Vertragsstrafe einen doppelten Zweck hat. Sie soll als Druckmittel den Auftragnehmer anhalten, seine Leistung ordnungsgemäß zu erbringen. Zugleich soll sie den Auftraggeber in den Stand setzen, sich bei Verletzung der Vertragspflichten, jedenfalls bis zur Höhe der Vertragsstrafe, ohne Einzelnachweis schadlos zu halten. Deshalb erlaubt die Druckfunktion durchaus eine spürbare Vertragsstrafe. Mit ihr kann deutlich gemacht werden, welches Gewicht sowohl dem Termin als auch der Dauer einer Überschreitung beigemessen wird, und entschieden darauf hingewirkt werden, dass Verzögerungen unterbleiben oder in Grenzen gehalten werden müssen. Das Maß der Vertragsstrafe muss nach den in Betracht kommenden Auswirkungen bestimmt werden. Bei Werkverträgen mit hoher Auftragssumme ist darauf zu achten, dass sich die Vertragsstrafe in wirtschaftlich vernünftigen Grenzen hält.

Der weitere Zweck, dem Auftraggeber den Einzelnachweis eines Schadens zu ersparen, weist in dieselbe Richtung. Die Vertragsstrafe muss sich innerhalb voraussichtlicher Schadensbeträge halten. Dafür kommt es nicht auf den individuellen Schaden des Auftraggebers an, wenn die Höhe der Vertragsstrafe gerichtlich überprüft wird. Die gerichtliche Inhaltskontrolle nach dem Gesetz über Allgemeine Geschäftsbedingungen beruht nämlich auf einer allgemeinen Inte- ressenabwägung. Maßgeblich ist eine individuell generali- sierende, von den konkreten Umständen des Einzelfalls absehende Betrachtungsweise. Dementsprechend kommt es im Einzelfall darauf an, ob allgemein bei Verträgen der abgeschlossenen Art Nachteile zu erwarten sind, welche die Ausgestaltung der Vertragsstrafe als angemessen erscheinen lassen.
Diese Grundsätze sind zunächst für die Beurteilung der in einer Strafklausel vorgesehenen Gesamthöhe maßgeblich. Auf alle Fälle ist eine Begrenzung nach oben notwendig. Sie kann zwischen 5 und 10 Prozent der Angebotssumme liegen.
Weiter kommt es aber auch auf eine angemessene Regelung für den Tagessatz an, der das Zeitmaß bestimmt. Ein hoher Tagessatz lässt nämlich die Vertragsstrafe schneller anwachsen und die Obergrenze erreichen als ein niedriger Tagessatz. Die Bemessung der Zeitspanne, in der eine ansons-ten unproblematische Vertragsstrafe ganz oder teilweise anfällt, kann also dazu führen, daß die Zwecke der Vertragsstrafe verfehlt werden und diese den Zusammenhang mit den Verzugsauswirkungen verliert.
So hat sich der Bundesgerichtshof im Urteil vom 20.1.2000 – Vll ZR 46/98 – mit einer Vertragsstrafenregelung befasst, wo die Gesamthöhe der Vertragsstrafe unproblematisch, jedoch ein Tagessatz von 0,5 Prozent vorgesehen war. Bisher gibt es gerichtliche Äußerungen nur zu Tagessätzen, die niedriger liegen. So ist ein Tagessatz von 0,1 Prozent bei einer Obergrenze der Vertragsstrafe von 10 Prozent der Angebotssumme für wirksam angesehen worden, ein Tagessatz von 0,15 wurde sogar als verhältnismässig niedrig bezeichnet. In zwei älteren Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof einmal Tagessätze von 0,2 und 0,3 Prozent für unbedenklich gehalten.
Nach dem neuen Urteil überschreitet ein Tagessatz von 0,5 Prozent diese Größenordnung erheblich. Er beschränkt die Vertragsstrafe nicht auf ihre berechtigten Zwecke und ist nicht mehr geeignet, die beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen.
Aus 0,5 Prozent je Arbeitstag ergibt sich ein zu enger zeitlicher Rahmen. Schon nach 10 Arbeitstagen, die im allgemeinen zwei Wochen entsprechen, ist die volle Vertragsstrafe fällig. Die bei einer angemessen gestalteten Vertragsstrafenklausel mit jedem Tag des Verzuges steigende Dringlichkeit der Erledigung kann dann nicht entstehen. Denn in der kurzen Zeitspanne von 10 Tagen lässt sich bei einem größeren Auftrag kaum etwas veranlassen, um die Folgen der Verspätung aufzufangen und verspätete Leistungen nachzuholen. Dem Auftragnehmer bleibt fast keine Möglichkeit zu reagieren und die Verwirkung der vollen Vertragsstrafe zu vermeiden. Die Situation ist im praktischen Ergebnis nicht sehr viel anders, als wenn der Anspruch auf die Vertragsstrafe ohne zeitliche Abstufung gleich mit dem Tag der Terminüberschreitung entstehen würde.
Darüber hinaus bewirkt ein zu enger Zeitraumrahmen vor allem, dass die Vertragsstrafe sich nicht in dem Bereich voraussichtlicher Schäden hält. Es ist kaum wahrscheinlich, dass Nachteile in Höhe von 5 Prozent der Auftragssumme nicht innerhalb von 10 Arbeitstagen entstehen. So war die fragliche Vertragsstrafenregelung unwirksam, was die Folge hatte, dass der Auftraggeber aus der Vertragsklausel keine Ansprüche herleiten konnte.
Mit einer weiteren Vertragsstrafenklausel hat sich das Oberlandesgericht Oldenburg im Urteil vom 23.2.2000 – 2 U 296/99 – befasst. In dem konkreten Fall war vereinbart worden, dass der Auftragnehmer ohne Rücksicht auf sein Verschulden bereits bei einer Fristüberschreitung eine Vertragsstrafe zahlen sollte. Obgleich die Regelung im kaufmännischen Verkehr getroffen worden war, war sie unangemessen und deshalb unwirksam. Der Auftraggeber konnte sich für seinen gegenteiligen Standpunkt nicht auf § 11 VBO/B berufen, wonach der Verzug des Auftragnehmers Voraussetzung für die Verwirkung der Vertragsstrafe ist. Die Geltung der VOB war nur nachrangig vereinbart worden, d.h., die Vertragsstrafenklausel war vorrangig und ihr Inhalt allein am Gesetz über Allgemeine Geschäftsbedingungen zu prüfen. Dr. Franz Otto
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