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Verjährungsfristen: Welchen Einfluss nehmen Mängel?

ALLES KLAR?
Verschwiegene Mängel

Für neue Verjährungsfristen gilt es zu klären, ob ein arglistig verschwiegener Mangel oder Organisationsverschulden vorliegt.

Autor: Eberhard Schilling, Akademie für Betriebsmanagement und Meisterschule in Stuttgart

Nach Ablauf der Verjährungsfrist erlöschen die Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers, und zwar unabhängig davon, ob der Auftraggeber den Mangel überhaupt erkennen konnte oder nicht. Selbst wenn der Auftraggeber den Mangel nicht erkennen konnte, verliert er dennoch mit Ablauf der Verjährungsfrist seine Gewährleistungsansprüche. Den landläufig ins Feld geführten „versteckten Mangel“ und eine daraus resultierende längere Gewährleistungsfrist gibt es nämlich weder im BGB-Werkvertragsrecht noch in der VOB/B. Es ist doch gerade typisch für Bauleistungen, dass viele Mängel bei der Abnahme (noch) nicht sichtbar sind und erst später auftreten. Deshalb wird ja dem Auftraggeber das Recht zugestanden, innerhalb der Verjährungsfrist auftretende Mängel vom Auftragnehmer auf dessen Kosten beseitigen zu lassen. Aber es ist hierbei immer zu beachten, dass Verjährungsfristen rechtliche Konstruktionen und keine „Haltbarkeitsfristen“ sind. Sinn und Zweck von Verjährungsfristen ist nämlich, dass Rechtsfrieden zwischen den Beteiligten eintritt.

Versteckter Mangel

Nicht zu verwechseln sind jedoch sogenannte „verdeckte oder versteckte Mängel“ und „arglistig verschwiegende Mängel“. Arglistig wird ein Mangel verschwiegen, wenn er dem Handwerker bei der Abnahme bekannt war und er diesen gleichwohl nicht offenbart hat, obwohl dieser für die Abnahme bedeutend gewesen wäre. Das betrifft also sowohl Mängel, die der Auftraggeber hätte erkennen können, als auch weniger offensichtliche. Nur solche Mängel, die die Abnahmebereitschaft des Auftraggebers nicht beeinflusst hätten, gelten nicht als arglistig verschwiegen.

Für ein arglistiges Verschweigen lassen sich gerade im Bauhandwerk zahlreiche Beispiele finden. Immer dann, wenn das Werk von der vereinbarten Beschaffenheit abweicht und dies bei der Abnahme nicht offenbart wurde, liegt ein arglistiges Verschweigen vor. Zu denken ist beispielsweise an einen Dispersionsanstrich, der die Anforderung an die Nassabriebklasse nicht erfüllt, bzw. wenn eine im Leistungsverzeichnis vereinbarte Beschichtung weggelassen oder ein anderer als der vereinbarte Werkstoff verwendet wurde.

Neue Verjährungsfristen

In der Baupraxis ein arglistiges Verhalten des Auftragnehmers nachzuweisen, ist nicht ganz einfach, denn die Beweislast liegt grundsätzlich beim Auftraggeber. Gelingt dies, kann es zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist kommen. Die Höchstfrist beträgt nach § 634a Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 199 Abs. 4 BGB zehn Jahre, beginnend mit der Abnahme. Erkennt der Auftraggeber jedoch den Mangel vorher, beginnt ab Kenntnis eine dreijährige Frist zu laufen. Diese endet allerdings nicht vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist bei VOB-Verträgen oder der gesetzlichen Verjährungsfrist von fünf Jahren bei BGB-Verträgen. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob sich der Handwerker das arglistige Handeln seiner Mitarbeiter zurechnen lassen muss. Nach der Rechtsprechung des BGH ist er nur für die Arglist solcher Mitarbeiter verantwortlich, deren er sich bei der Abnahme bedient. Das sind i. d .R. die Baustellenleiter und baustellenverantwortlichen Vorarbeiter. Die Kenntnis und das Handeln derjenigen Mitarbeiter, die das entsprechende Werk nur ausführen, muss er sich grundsätzlich nicht zurechnen lassen.

Organisationsverschulden

Gerade weil es für den Auftraggeber schwierig ist, arglistiges Verhalten des Auftragnehmers zu beweisen, hat der BGH das Rechtsinstitut des Organisationsverschuldens geschaffen. Der Auftragnehmer muss seinen Betrieb so organisieren und überwachen, dass er sachgerecht beurteilen kann, ob die Bauleistung bei der Abnahme mangelfrei ist. Treten Mängel aufgrund eines Organisationsverschuldens auf, haftet der Auftragnehmer wie bei arglistigem Verschweigen. Zu seinen Organisationspflichten gehört auch die sorgfältige Auswahl der eigenen Arbeitskräfte und insbesondere der Nachunternehmer. Denn nicht nur in der mangelnden Überwachung, sondern bereits in der Beauftragung von unqualifizierten Nachunternehmern kann ein Organisationsverschulden vorliegen. Grundsätzlich kann aber nicht allein aus der Schwere eines Mangels auf ein Organisationsverschulden geschlossen werden. Und auch nicht jede Verletzung der Organisationspflicht führt zu einer Haftung wie bei arglistigem Schweigen. Denn nur dann, wenn der Auftragnehmer die Überwachung nicht vorgenommen hat, um die Arglisthaftung zu vermeiden oder zumindest die Augen davor verschlossen hat, kommt eine Haftung aus Organisationsverschulden in Betracht.

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