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Das Risiko entscheidet

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Das Risiko entscheidet

Basel II: Im „Rating-Zeitalter“ können Unternehmenskredite knapp und teuer werden.

Thomas Scheld

Eines der größten Probleme mittelständischer Unternehmen ist die geringe Ausstattung mit Eigenkapital. Rund zwei Drittel der Firmen hat eine Eigenkapitalquote von weniger als zehn Prozent. Das ist existenzbedrohend. Die Unternehmen des Maler- und Stuckateurhandwerks machen hier keine Ausnahme. Und das in einer Zeit, in der das Schlagwort „Basel II“ in aller Munde ist. Was steckt dahinter?
Alte Regelung Basel I
Die seit 1988 gültige „Baseler Eigenkapitalvereinbarung“ („Basel I“) sieht vor, dass Banken ihr voraussichtliches Verlustrisiko mit Eigenkapital abzusichern haben. Danach ist für Unternehmenskredite grundsätzlich eine Risikogewichtung von 100 Prozent vorzunehmen und das so gewichtete Kreditrisiko mit 8 Prozent Eigenkapital zu hinterlegen. Wird demnach ein Darlehen von beispielsweise 100 000 Euro gewährt, so ist, unabhängig von der individuellen Bonität des Kreditnehmers, durch die Bank ein notwendiges Kapital von 8 000 Euro zu hinterlegen. Die Bonität des Kreditnehmers und damit das Kreditausfallrisiko ist für die Eigenkapitalkosten der Banken bedeutungslos. Entsprechend orientieren sich Kundenkonditionen an den vom Darlehensnehmer zu erbringenden Sicherheiten und nicht am Kreditausfallrisiko. Das galt bisher.
Weiterentwicklung Basel II
Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hat nun im Juni 2004 seine Rahmenvereinbarung „Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und der Eigenkapitalanforderungen“, besser bekannt als „Basel II“, verabschiedet. Die neue Regelung macht die Eigenkapitalhinterlegung der Banken von dem jeweiligen Ausfallrisiko des Darlehensnehmers abhängig. Dadurch wird das Eigenkapital der Bank zum „knappen Produktionsfaktor“, denn die Bank kann mit ihrem Eigenkapital mehr Kredite mit geringem Risiko als Kredite mit hohem Risiko vergeben.
Was ist Rating?
Um das für die Vergabe eines Kredits zu hinterlegende Eigenkapital zu bestimmen, muss zunächst das Risiko des Kreditausfalls abgeschätzt werden. Zur Messung des individuellen Risikos des Kreditnehmers sind zwei Ansätze vorgesehen:
  • Der so genannte „Standardansatz“ sieht die Eigenkapitalbemessung auf der Basis eines externen Ratings des Kreditnehmers vor. Je nach Bonitätsurteil des externen Ratings wird eine Risikokategorisierung von 20 Prozent, 50 Prozent, 100 Prozent oder 150 Prozent vorgegeben. Damit ergibt sich eine erforderliche Eigenkapitalhinterlegung zwischen 1,6 Prozent und 12 Prozent des Kreditvolumens. Für einen Kredit über 100 000 Euro ergibt sich bei einem unterstellten Ausfallrisiko von 20 Prozent somit eine erforderliche Eigenkapitalhinterlegung von 1 600 Euro gegenüber einer Hinterlegung von 12 000 Euro bei einem Ausfallrisiko von 150 Prozent. Das Rating wird von einer externen Ratingagentur durchgeführt, z.B. von Standard & Poor´s.
  • Die Alternative ist das bankinterne Rating, der so genannte „IRB-Ansatz“. Hier kann die Bank die Bonität des Kreditnehmers durch eigene Analyseverfahren selbstständig ermitteln. Jedem Schuldner wird dabei eine bestimmte Risikoklasse der bankinternen Risikoskalierung zugeordnet.
In beiden Fällen gilt: Je höher die Ausfallwahrscheinlichkeit des Kredits, desto mehr Eigenkapital muss die Bank hinterlegen. Und umso teurer wird der Kredit. Gleichzeitig sinkt mit steigendem Ausfallrisiko das Interesse der Bank an dem Geschäft.
Grundsatz der Transparenz
Wenn Banken Kredite an Unternehmen vergeben, so verfügen sie in der Regel immer über weniger Informationen als der Unternehmer. Deshalb sieht § 18 Kreditwirtschaftgesetz in Verbindung mit den ergänzenden Schreiben der Bankenaufsicht schon heute vor, dass die Kreditnehmer ihre wirtschaftlichen Verhältnisse gegenüber der Bank offen zu legen haben. Die Bank kann vom Unternehmer also Bilanzen, Betriebswirtschaftliche Auswertungen, Investitionspläne und vieles mehr fordern. Und der Unternehmer kommt oft nicht umhin, diese Informationen zu liefern, wenn er Kredite bekommen oder bestehende Kredite nicht gekündigt haben will.
Diese Transparenz gewinnt seit „Basel II“ noch mehr an Bedeutung, denn nun entscheidet das Ergebnis des Ratings über die Kreditkosten oder sogar die Ablehnung des Kreditgeschäfts. Also geben Sie Ihrer Bank, was sie braucht.
Aber Vorsicht: Die Weitergabe von Informationen hat ihre Grenzen in ihrem Zweck. Nur die Informationen sind für die Bank relevant, die das für die Bank entstehende Risiko kalkulierbar werden lassen. Oder, mit einem Beispiel formuliert: Wenn Sie Ihre Bank in guten Zeiten über die von Ihnen privat zur Altersvorsorge abgeschlossenen Lebensversicherungen informieren, dann müssen Sie damit rechnen, dass die Bank in schlechten Zeiten die Beleihung eben dieser Altersversorgung fordert – zur Sicherung der geschäftlichen Kredite, versteht sich. Also unterscheiden Sie: Was ist geschäftlich, was privat? Und halten Sie sich an diese Unterscheidung. Außerdem gilt: Eine transparente Kundenbeziehung bedeutet nicht nur für den Kunden, Informationen offen zu legen, sondern verpflichtet auch die Bank dem Kunden Informationen zukommen zu lassen. Also: Nach welchen Kriterien werden Sie von Ihrer Bank geratet? Und was ist das Ergebnis? Gehen Sie aktiv auf Ihre Bank zu und lassen Sie sich das Ratingergebnis im Rahmen eines ausführlichen Gesprächs erläutern. Darauf aufbauen können dann Maßnahmen zur Verbesserung Ihrer Bonität.
Eigenkapitalquote
Eine besondere Bedeutung für die Beurteilung der Bonität eines Unternehmens kommt der Eigenkapitalquote zu. Wie hoch ist der Eigenkapitalanteil in Ihrem Unternehmen? Und was können Sie tun, um die Eigenkapitalbasis zu verbessern? Bei einem unterkapitalisierten Unternehmen kann beispielsweise Privatvermögen der Gesellschafter als Haftungsmasse zur Verfügung gestellt werden. Oder es wird Eigenkapital durch die Gesellschafter zugeführt, oder es werden Gewinne einbehalten. Und natürlich können auch die klassischen Eigenkapitalsurrogate wie Leasing und Factoring zum Einsatz kommen. Aber Vorsicht: Hier darf nicht das Ziel sein, bloß die Eigenkapitalbasis optisch zu schönen. Die gewählte Finanzierungsalternative muss sich auch betriebswirtschaftlich rechnen lassen!
Qualitative Faktoren
Die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens hängt nicht allein von der Kapitalausstattung ab. Von entscheidender Bedeutung sind die Person des Unternehmers, die Tragfähigkeit der Unternehmensstrategie und das im Unternehmen vorhandene Controllingsystem. Also:
  • Welche Stärken und Schwächen hat das Unternehmen? Und welche Chancen und Risiken bietet der Markt?
  • Über welche Führungskräfte verfügt das Unternehmen? Und wie ist die Nachfolge geregelt?
  • Über welches Personal verfügt das Unternehmen? Wie ist die Altersstruktur? Wie ist der Ausbildungsstand?
  • Über welche Planungssysteme verfügt das Unternehmen? Und wie wird kontrolliert?
  • Wie ist das Unternehmen organisiert? Gibt es ein Risikomanagement?
  • Gibt es eine Kostenrechnung?
Dies sind nur einige der Fragen, die Sie für sich und für Ihre Bank beantworten sollten.
Unterjährige Steuerung
Das Unternehmen sollte im laufenden Geschäftsjahr jederzeit seine wirtschaftliche Lage feststellen können. Hier sind neben ausreichenden Planungsunterlagen die zeitnahe Erstellung und Vorlage von aussagekräftigen Betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA) zu fordern. Eine besondere Bedeutung kommt dabei den halbfertigen Arbeiten zu, die sich in der BWA genauso niederschlagen müssen, wie die auf den Betrachtungszeitraum entfallenden Abschreibungen.
Und natürlich sollte das Unternehmen jederzeit einen umfassenden Überblick über seine Liquidität haben, und zwar in einer Vorausschau von mindestens 60, besser 90 Tagen (siehe Malerblatt 12/2003, Beitrag „Liquidität – Sauerstoff des Unternehmens“, S. 28 und 29). Vermeiden Sie unbedingt längerfristige oder nicht mit der Bank vereinbarte Überschreitungen des Kontokorrent-Limits und Scheck- oder Lastschriftrückgaben mangels Deckung. Diese führen zu einer negativen Beurteilung.
Bankreporting
Es ist nicht ausreichend, wenn Sie Verbesserungen im Unternehmen erreichen. Sie müssen diese auch gegenüber der Bank aktiv kommunizieren. Um einen guten Informationsfluss zu gewährleisten, sollte ein regelmäßiges Reporting erfolgen. Das Kreditinstitut hat mehr Vertrauen, wenn es solide mit Fakten und Daten gefüttert wird. Stellen Sie deshalb standardmäßig bestimmte, für die Bank interessante und relevante Informationen zusammen. Erläutern Sie Entwicklungen und Hintergründe. Verfahren Sie nach dem Prinzip: „Tue Gutes und rede darüber“. Aber reden Sie auch über die außerordentlichen Ereignisse, und zwar gerade, wenn es mal nicht so gut läuft!
Kontakt: Thomas Scheld c/o C.A.T.S.-Soft GmbH Eigenroder Straße 1 35075 Gladenbach Tel.: (06462) 9374–0 Fax: (06462) 9374–30 scheld@cats-soft.de www.cats-soft.de.
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