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Die Ernte ist groß…

Unverdünnt aufgetragen
Die Ernte ist groß…

Die Ernte ist groß…
Foto: Florian Kunde / Adobe Stock

Das biblische Zitat „Die Ernte ist groß, aber der Arbeiter sind nur wenige.“, nähme man es wörtlich, könnte für heute geschrieben sein: Es winkt eine ertragreiche Ernte, aber wir haben nicht genug Leute. Bei den biblischen Zitaten und Gleichnissen geht es zwar um jenseitiges, aber beschrieben werden die Wege dorthin mit anschaulichen Bildern aus dem irdischen Leben.

Nicht verwunderlich also, dass sich auch Unternehmensberater, einige sogar ausschließlich, bei der Suche nach Ansätzen für Problemlösungen der Bibel bedienen. Beschreibt der erste Teil des Ernte-Zitats noch den Ist-Zustand, lassen sich in der Fortsetzung: „Bittet also den Herrn, dass er Arbeiter in seine Ernte sende“, vielleicht Ansätze für mehr Erfolg bei den Bemühungen um Arbeitskräfte ableiten. Für die Sendung ist freilich nicht der Herr zuständig, aber die Herrschaft. Und zwar die von uns gewählte. Deshalb dürfen wir das devote biblische Bitten mit „beharrliches Fordern“ übersetzen. Als Wähler dürfen wir von unserer Herrschaft fordern, dass sie sich den aktuellen Vorschlägen namhafter Wissenschaftler nach einem höheren Renteneintrittsalter nicht verschließt.

Angesichts der Tatsache, dass sich die Zahl der Neugeborenen seit Mitte der 60er-Jahre halbiert hat und die Lebenserwartung kontinuierlich steigt, liegt hier das größte inländische Potenzial zum Ausgleich der sieben Millionen, die schon bis 2035 dem Arbeitsmarkt fehlen werden. Viele unserer Ruheständler sind rüstig, und das Rüstzeug, das sich Einwanderer erst zeitaufwendig erwerben müssen – Sprache, Ausbildung, Integration – haben sie längst, dazu hohe Qualifikation und große Erfahrung.

TikTok als Taktik?

Es gibt noch nahezu 150.000 offene Lehrstellen, 40.000 davon im Handwerk, insbesondere in baunahen Betrieben. Da ist guter Rat teuer. Unstrittig ist längst, dass das Ansehen eines Standes in der Öffentlichkeit für die Berufswahl am entscheidendsten ist. Da haben wir unverändert ein schlechtes Blatt. Aber Möglichkeiten zur Imageverbesserung gibt es, ich werde in der nächsten Ausgabe dazu ein paar Gedanken vorstellen. Eine etwas flapsige Überschrift habe ich schon: „Image statt Inserate“. (Sie können mir dazu gerne schon Ideen, Beispiele und Vorschläge schicken, über die ich dann berichte) Natürlich dürfen wir die herkömmlichen Standards wie Stellenanzeigen, Fahrzeugbeschriftungen, „Bonbons“ von Betrieben und die Influencer aus den eigenen Reihen nicht vernachlässigen. Zu Facebook und Instagram kommt bei der Ausbildungssuche zunehmend TikTok. Aktuell wurde ein Nachwuchsvideo von Helge Mark für die Technikerkasse 2,7 Millionen Mal angeschaut. Personaler können die Erfolge leicht erklären: Auf TikTok sind inzwischen 20 Millionen Menschen und 40 Prozent der 14- bis 24-Jährigen unterwegs und nutzen es mehr als eineinhalb Stunden täglich. Von den Schülerinnen und Schülern, die nach Berufs- und Karrierechancen suchen, tun dies jetzt schon nahezu 40 Prozent bei TikTok. Das Unternehmen halten viele, weil es ein chinesisches ist, für problematisch, aber bei der Mitarbeitergewinnung ist es zunehmend probat. Dazu eine Expertin für Personalmarketing: „Wer die Zielgruppe ködern will, muss in das Medium gehen, in dem sie ihre Zeit verbringt.“

Eigener Einsatz gegen Altersarmut

Mehr als die Hälfte der Berufstätigen weiß, dass ihre Rente nicht ausreichen wird, und die Jungen zwischen 18 und 29 erwarten eine monatliche Lücke von mehr als 1.500 Euro. Aber sie tun nichts dagegen. 66 Prozent dieser Altersgruppe trifft keinerlei Vorsorge. Namhafte Wissenschaftler machen das Fehlen eines Unterrichtsfachs „Umgang mit Geld“ dafür verantwortlich. Kam bei uns in der Schule auch nicht vor, aber daheim. Außerdem fühlten sich manche Lehrgesellen nicht nur für die Vermittlung handwerklicher Fertigkeiten verantwortlich. Meiner zum Beispiel hieß Eugen – aber Duzen durfte man erst nach bestandener Gesellenprüfung – und der lehrte mich den Umgang mit Geld so: „Also, Du kriegst jetzt jeden Freitag die Lohntüte mit zwanzig Mark. Davon gibst Du fünf Deiner Mutter als Kostgeld, fünf sparst Du, für die nächsten fünf kaufst Du Dir ein gutes Buch, aber nicht so einen Cowboy-Schund, und fünf bleiben Dir als Taschengeld.

Ganz wichtig: Was Du sparst, musst Du immer gleich zurücklegen. Wenn Du nämlich denkst, ich spare was übrigbleibt, wird das nie was.“ Ja, ich war, wie viele meiner Generation, in einer guten Lehre. (Dort haben wir auch täglich Kopfrechnen geübt – beim Frühstück holen. Die Ratschläge von Eugen habe ich später vielen so weitergegeben: „Sage nie, ich spare, was übrigbleibt, sondern mach deine Rücklage immer als Erstes. Das geht am Besten, wenn Du einen Sparvertrag oder eine Lebensversicherung abschließt. Der Erfolg dabei liegt primär nicht in der Höhe der Zinsen, sondern in der Verpflichtung zur kontinuierlichen Einzahlung. Das zahlt sich aus, wenn Du nur mit kleinen Raten anfängst.“ So zur Eigenverantwortung ermuntern, können auch heute Gesellen ihre Auszubildenden und Meister ihre Gesellen – vielleicht sogar die monatlichen Raten betrieblich bezuschussen. Unsere ZVK trägt nämlich zur erwarteten Rentenlücke nur noch marginal bei. Wir brauchen mehr Eigenverantwortung. Ermunterung und Unterstützung vom Betrieb ist weit erfolgversprechender als auf ein Schulfach zu hoffen – wo wir nicht mal genug Lehrer für die Grundfächer haben.

Es rechnet sich nicht

Haben Sie sich mal beim Ersten in der Mediathek das Video „Plusminus“ vom 26.7. angeschaut? Es beschäftigt sich mit den Kosten und der Amortisation energetischer Modernisierungen über die Einsparung – und kommt dabei zu deprimierenden Ergebnissen, die man in einem Satz zusammenfassen kann: Es rechnet sich nicht! Bei den gängigen Einzelmaßnahmen wie Fensteraustausch und Fassadendämmung kann die Amortisationszeit durch Energieeinsparung trotz derzeitiger Förderung bis in die Jahrhunderte gehen. Der Vertreter der Deutschen Energieagentur bestätigte in der Sendung, dass in den Sanierungsfahrplänen lediglich die Kosten der Investitionen geschätzt würden, aber eine Kalkulation der Amortisation nur optional vorgesehen sei. Die Energieberater dürfen darauf verzichten – und tun dies auch. Wer sich mit den von „Plusminus“ vorgelegten Zahlen beschäftigt, weiß warum. Energetische Modernisierung, prima fürs Klima, aber ohne Berechnung der Amortisation eine Rechnung ohne den Wirt.

 

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Autor Werner Schledt war jahrzehntelang Betriebsberater und Verbandsgeschäftsführer im hessischen Maler- und Lackiererhandwerk.

Werner Schledt

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60388 Frankfurt/Main

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Enzo Weber, Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung

Das größte Potenzial zum inländischen Ausgleich des Arbeitskräftemangels liegt bei den Älteren

 

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