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Facetten im Fokus

Unverdünnt aufgetragen
Facetten im Fokus

Facetten im Fokus
Foto: Florian Kunde / Adobe Stock

Die Sprache ist der Schlüssel zu Integration und Arbeitsmarkt. Und gute Sprachkenntnisse, so Arbeitsminister Hubertus Heil, „erlangt man oft am besten am Arbeitsplatz“. Im Büro vielleicht, am Bau sicher nicht. „Ich bin der Einzige auf der Baustelle, der Deutsch spricht“ höre ich von Polieren und Vorabeitern immer wieder. Klar: Auf einer Baustelle mit Arbeitern unterschiedlicher Nationalität wird nicht Deutsch gesprochen, eher schon „Broken-English“. Das zeigen auch aktuelle Ergebnisse von Gesellenprüfungen der Maler aus Berufsschulklassen, in denen ausschließlich Lehrlinge ausländischer Herkunft unterrichtet werden: Die Durchfallquoten von zwei hiesigen Großstädten im theoretischen Teil – hier 75, dort 82 Prozent – sind sicher nur die Spitze eines Eisbergs. Die Ursachen sind nachvollziehbar: Nach Absolvierung der obligatorischen Integrations-Sprachkurse und einem Zertifikat wie B1 in der Tasche, das leicht zu erreichen ist und bisweilen wohl auch leichtfertig vergeben wird, sprechen die Flüchtlinge in den Wohnheimen hauptsächlich in ihren jeweiligen Landessprachen miteinander. Schnell vernetzen sie sich, wie ich es als ehrenamtlicher Betreuer immer wieder erlebe, auch außerhalb mit Freunden und Bekannten aus ihrer Heimat. Haben sie eine Familie, wird dort natürlich in der Heimatsprache kommuniziert. Ob der jetzt vom Arbeitsminister angekündigte „Integrationsturbo“ hier auch für die baunahen Berufe Verbesserungen bringt, ist mehr als fraglich. Jedenfalls haben unsere Betriebe auf die staatlichen Maßnahmen keinerlei Einfluss. Also ist Selbsthilfe gefragt. Vorstellbar ist, dass sich unsere Fachorganisation, zunächst vielleicht auf Ebene aktiver und kreativer Innungen, des Problems annimmt. Anstatt betriebsinterne Zusatz-Sprachkurse zu empfehlen, könnte man zum Beispiel im Rahmen von Ausbildungsverbünden durchsetzen, dass nach einem einheitlichen Termin für die Vertragsabschlüsse, also vor Praxis und ggf. Berufsschule, ein zweimonatiger zielgruppengerechter Vollzeitunterricht auf hohem pädagogischem Niveau verpflichtend ist, analog zu unseren überbetrieblichen Unterweisungslehrgängen. Anders kommen wir – abgesehen von ein paar ausländischen Überflieger-Azubis – nur langsam und nicht ausreichend voran. Ja, die Sprache ist der Schlüssel. Aber der staatliche „Schlüsseldienst“ ist so unzureichend, dass es einem die Sprache verschlägt.

Warum noch arbeiten?

„Betrachtet diese Vögel. Sie arbeiten nicht und doch ernährt sie unser Vater Staat – einfach himmlisch.“ Gut, ich habe das bekannte Gleichnis aus aktuellem Anlass ein bisschen modifiziert. Nach einer Umfrage des Bundesinnungsverbandes der Gebäudereiniger bei seinen 2.500 Mitgliedsbetrieben haben nämlich bei über zwei Dritteln schon mal Beschäftigte gekündigt, um anstelle von Arbeit – von ein bisschen schwarzer nebenher vielleicht abgesehen – vom Bürgergeld nebst Zusatzleistungen zu leben. Nachdem zum 1. Januar eine weitere Erhöhung angekündigt wurde, sind nicht nur die Gebäudereiniger in Sorge, dass sich durch den geringer werdenden Abstand zu Mindest- oder Branchen-Mindestlöhnen die Personalnot weiter verschärft und noch mehr Arbeiter aussteigen. Der Arbeitsminister freilich hat jetzt gesagt, Ziel des Bürgergeldes sei, Menschen in Arbeit zu bringen. Das verstehe, wer will.

KI gibt ihren Senf dazu

Es wird zwar noch eine Weile dauern, bis KI-gesteuerte Roboter Wände tapezieren, aber utopisch ist das längst nicht mehr. Es gibt ja schon viele kleine Beispiele, wie in uns bekannten Branchen und Betrieben KI die Wertschöpfung steigert. Nur drei davon: Das Münchner Hofbräuhaus muss jeweils drei Tage im Voraus wissen, wieviele Besucher für die 3.500 Plätze kommen werden. Deshalb werden die Umsatzzahlen der letzten vier Jahre von KI ebenso herangezogen wie die Wettervorhersagen und Events wie Bayern-Spiele oder Großkonzerte. Danach werden Geschirr, Bestecke, Servietten, Gläser usw. disponiert -bis zum Senf auf den Tischen. Und ein erfolgreicher Schreiner berichtet: „Wenn ich die letzte Schachtel einer Schraubensorte aus dem Regal nehme, scanne ich den Code zu meinem Lieferanten und der weiß, dass er mir Nachschub schicken muss.“

In einer Bäckerei wiederum prognostiziert KI die Verkaufsmengen in den Filialen schon zu 95 Prozent genau. Und im Maler- und Lackiererhandwerk gibt es bestimmt auch schon ähnliche Beispiele – über die ich gerne schreibe. Dann natürlich selbst.

Energiewende bald am Ende?

Unser Handwerkspräsident hat in einer großen Tageszeitung geschrieben, dass die Energiewende ohne uns nicht zu realisieren sei. Schließlich kletterten die Photovoltaikanlagen ebenso wenig alleine aufs Dach wie die Wärmepumpen in den Keller. WDVS springen auch nicht alleine an die Wand, könnten wir hinzufügen. Die Probleme, die Jörg Dittrich anspricht und für die er auch Lösungen vorschlägt, lassen sich kurzfristig nicht beheben, der Fachkräftemangel aber durch einen späteren Renteneintritt mindern.

Fast zeitgleich mit dem Artikel ist ein „Frankfurter Allgemeine Buch“ von Prof. Dr. Wolfgang Reinhart, u. a. langjährig Minister und Vorsitzender des Bundesverbandes der mittelständigen Wirtschaft, erschienen. Es trägt den Titel „Ich bleib‘ dann mal da“ und enthält auch von zahlreichen Experten fundierte Begründungen für eine selbstbestimmte Lebensarbeitszeit. Ein hochinteressantes Buch. Die richtige Lektüre zwischen den Jahren.

Dieses Jahr kleinere Päckchen

Die Verbraucherschutzorganisationen haben jüngst in den Medien darauf hingewiesen, dass derzeit insbesondere bei den Lebensmitteln zahlreiche Preiserhöhungen versteckt werden, indem man die Packungen verkleinert und Preisstabilität vortäuscht. Das ist nicht neu. Ich kann mich noch gut an die Proteste vor Jahren hier in Frankfurt erinnern, als über Nacht unser „Äppelwoi“ in den Lokalen statt in 0,3- in 0,25er-Gläsern ausgeschenkt wurde. Und auch daran, was daraufhin ein pfiffiger Malermeister uns als unmerkliche Preiserhöhung vorschlug: Den „Maler-Quadratmeter“ – 90 mal 90 Zentimeter.


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Autor Werner Schledt war jahrzehntelang Betriebsberater und Verbandsgeschäftsführer im hessischen Maler- und Lackiererhandwerk.

Werner Schledt

Gangstraße 35 c

60388 Frankfurt/Main

werner@schledt.de


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