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Von Hürden und Bürden

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Von Hürden und Bürden

Von Hürden und Bürden
Foto: Florian Kunde / Adobe Stock

Im Zusammenhang mit den Forderungen einer großen Mehrheit nach der Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich hatte ich in der Juli-Ausgabe darauf hingewiesen, dass die daraus resultierenden Lohnerhöhungen zwangsläufig auch zu einer Steigerung der Inflationsrate führen. Das hat jetzt auch die EZB-Präsidentin Christine Legarde bestätigt, nachzulesen in einem Artikel der „Frankfurter Allgemeine“ unter der Überschrift „Der Charakter der Inflation ändert sich“.

Die EZB-Präsidentin sieht uns in eine zweite Phase der Inflation schlittern, bei der die steigenden Löhne eine wichtige Rolle spielen. Hoher Lohndruck, insbesondere in Branchen wie dem Bau, die Mitarbeiter suchen, aber ihre Produktivität nur vergleichsweise wenig steigern können, wirke geradezu lehrbuchhaft inflationsfördernd. Die Inflation ist also hartnäckig – und trifft viele hart.

Hammer für alte Häuser

Nach dem Hickhack um die Heizungen jetzt der Hammer mit den Häusern: Nach einer Richtlinie der EU sollen die Effizienzklassen für Gebäude vereinheitlicht und die Eigentümer von Immobilien der schlechtesten Klasse zur Sanierung gezwungen werden. Das betrifft in Deutschland noch in diesem Jahrzehnt fünf Millionen Gebäude und ab 2031 weitere 2,5 Millionen.

Um einige Mitgliedstaaten nicht zu überfordern, ist vorgesehen, dass diese auch unzureichend energieeffiziente Gebäude vergleichsweise hoch einstufen dürfen, wenn es dort halt viele noch schlechtere gibt. Folglich unterlägen bei unseren hohen Standards auch Gebäude dem Sanierungszwang, die Nachbarländer als gut energieeffizient einstufen können. Für die bei uns betroffenen Immobilien, vor allem Ein- und Zweifamilienhäuser, hat der Eigentümerverband „Haus und Grund“ Kosten zwischen 100.000 und 180.000 Euro veranschlagt. Ein Hammer, insbesondere bei Gebäuden in ländlichen Gegenden, wo der Immobilienwert meist ohnehin gering ist. Trübe Aussichten für viele Hausbesitzer also – aber gute für unseren Beruf: Viele anspruchsvolle Aufträge, vor allem für Betriebe, die Energetische Modernisierung komplett aus einer Hand anbieten. Der Haken bei all dem: Aufträge ohne Ende – es fehlen bloß die Hände.

Aus für kleine Häuser?

„Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.“ Wird der bekannte Satz aus dem Gedicht „Herbsttag“, das Rilke zu Beginn des 20. Jahrhunderts schrieb, bald Realität? Einer der weltweit hochkarätigsten Ingenieure und Vordenker in Sachen Nachhaltigkeit hat jetzt gefordert, den Bau von Einfamilienhäusern generell zu verbieten. Weil der Bau 40 Prozent der klimaschädlichen Gase verursacht und schon die Betonherstellung schädlicher ist als der weltweite Flugverkehr, werden in Hamburg-Nord bereits keine neuen Einfamilienhäuser mehr genehmigt, weil deren Ökobilanz deutlich schlechter als die von Mehrfamilienhäusern ist. Ist das geforderte Ende für kleine Häuser vielleicht der Anfang einer großen Veränderung beim Bauen und Wohnen? Angesichts der Folgen des Klimawandels, insbesondere der Erderwärmung und Dürre in vielen Ländern, kann man vor allem die ersten Zeilen des Gedichtes, von Interpreten auch als Bittgebet bezeichnet, durchaus

als frühe Vision der Klimakatastrophe deuten: „Herr es ist Zeit, der Sommer war sehr groß. Leg deine Schatten auf die Sonnenuhren“. Klassische Lyrik zum Nachdenken über die globale Katastrophe.

Stechuhr für alle?

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Leitsatz formuliert, dass alle Arbeitgeber, ja die, verpflichtet sind, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit zu erfassen. Das wäre dann auch das Aus für die Vertrauensarbeitszeit durch Selbsterfassung unserer Mitarbeiter. Das Urteil steht in krassem Gegensatz zu mehr Selbstbestimmung in der Arbeitswelt und zur zunehmenden Arbeit im Homeoffice. Grotesk dabei ist, dass die Erfassung der Arbeitszeiten für die Richter selbst nicht gelten soll, weil dies, so sagen sie, nicht zu ihrer Tätigkeit passe. Ach so. Zur überbordenden Bürokratisierung hat der Direktor des Max-Planck-Instituts für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen, Wolfgang Schön, dieser Tage geschrieben: Ein Mensch, der mehr schuldet, als er bezahlen kann, muss Insolvenz anmelden. Für einen Staat, der mehr reguliert, als er verwalten kann, fehlt eine solche Sanktion.“ Er hat auch darauf hingewiesen, dass inzwischen ein Kleinunternehmer mehr Rechtsgebiete – vom Arbeitsrecht bis zum Umweltrecht – überblicken müsse als ein Anwalt. Beim Lesen des Artikels habe ich mich daran erinnert, dass unser früherer Handwerkspräsident und Kollege Paul Schnittker dazu bisweilen Goethe zitiert hat: „Wollte ich alle Regeln und Vorschriften lesen, hätte ich gar keine Zeit mehr, dagegen zu verstoßen.“ Zu viel Bürokratie gab’s also schon immer – aber heute ist’s schlimmer.

Vom Ansehen der Arbeit

Dazu Markus Lanz kürzlich in der Talkshow: „Arbeit hat irgendwie ein seltsames Image bekommen.“ Während sich die ältere Generation bislang primär über den Job zu definieren schien, scheint das Credo der „Generation Z“ heue zu sein „Entspannt euch“.

Viele entspannen sich ja, unterwegs, aber nicht etwa beim Wandern, Biken oder gar Spazierengehen. Nein, sie surfen im Internet. Dort verbringen die Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren inzwischen pro Woche zweieinhalb komplette Tage – junge Frauen sogar noch mehr. Rechnet man zum Smartphone noch Laptop, Smart TV und die Spielkonsolen dazu, kommen die Jugendlichen sogar auf 70 Stunden. Spannend – aber auch entspannend? Markus Lanz meint: „Da entsteht ein neuer Konflikt“. Zum Beispiel dadurch, dass den jungen Leuten kaum noch Zeit bleibt – nicht einmal für eine Viertagewoche.


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Autor Werner Schledt war jahrzehntelang Betriebsberater und Verbandsgeschäftsführer im hessischen Maler- und Lackiererhandwerk.

Werner Schledt

Gangstraße 35 c

60388 Frankfurt/Main

werner@schledt.de


Aufträge ohne Ende -es fehlen bloß die Hände“


Markus Lanz

Arbeit hat irgendwie ein seltsames Image bekommen.“

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