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Noch alles im Lot?

Betrieb & Markt
Noch alles im Lot?

Noch alles im Lot?
Foto: Florian Kunde / Adobe Stock

75 Prozent der Deutschen sind nach einer Umfrage für die Viertagewochen natürlich bei vollem Lohnausgleich. Das entspräche einer Lohnerhöhung von 25 Prozent. Die daraus resultierenden Steigerungen der Preise, insbesondere bei fast allen Dienstleistungsberufen, und infolge der Inflationsrate, wurde bei diesem überwältigenden Votum wohl nicht bedacht. Wie auch, wenn es mittlerweile bei zu vielen an der Kenntnis einfachster wirtschaftlicher Zusammenhänge fehlt. Überraschend, dass Johannes Vogel, Vize der Liberalen, dazu gesagt hat, man wolle die Viertagewoche ermöglichen – aber niemandem vorschreiben. Das wäre ja wohl auch der Gipfel. Wer seine Arbeitsleistung einer Fünftagewoche an vier Tagen erledigen könne, solle die Möglichkeit dazu haben. Ob er schon mal die Erfahrung gemacht hat, wie es zum Beispiel ist, bei hochsommerlichen Temperaturen nach 8 Stunden auf einem Gerüst, Dach oder beim Straßenbau täglich locker noch zwei Stunden dranzuhängen? Sicher nicht. Er ist ja, wie zu viele, nach dem Studium gleich Politiker geworden, und kann sowas gar nicht wissen.

Aus der Balance gekommen

Work Live Balance, eigentlich der harmonische Wechsel zwischen erfülltem beruflichem wie privatem Leben, wird hierzulande immer häufiger als „mehr Freizeit – weniger Fron“ interpretiert. Freude am Tun und einer gelungenen Arbeit war gestern, und nur pekuniäre Erfolge werden heute noch gefeiert. Da tut es gut zu lesen, was eine der erfolgreichsten Unternehmerinnen, Nicola Leibinger-Kammüller, die dem Maschinenbauer Trumpf vorsteht, zu dieser Entwicklung sagt: „Ich finde den Begriff Work Live Balance fürchterlich. Das klingt wie: Der Fron der Arbeit für das Geld, danach fängt das Leben an. Den Großteil des Lebens verbringt man aber bei der Arbeit. Man sollte sie so gestalten, dass sie Freude bringt.“

Von mir dazu auch das: Noch als junge Gesellen haben wir, wenn’s gut von der Hand ging, oft bei der Arbeit gesungen. Dann kamen die Kofferradios. Selbst die sind verschwunden. Kein Joke mehr beim Job.

Sozialversicherung bald bei 50 Prozent

Wir lohnintensiven Handwerker sind von der Finanzierung der Sozialversicherung durch Prozentanteile vom Bruttolohn im Vergleich zur Industrie schon immer benachteiligt und unsere Vertreter haben deshalb oft gefordert, das System durch ein kapitalgedecktes zu ersetzen oder zu ergänzen. Bislang erfolglos. Das Thema ist aber brandaktuell: Wegen den Folgen der demografischen Entwicklung werden die steigenden Sozialabgaben bald nicht mehr aufzubringen sein. Der wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums ist alarmiert und hat jetzt hochgerechnet, dass bis zum Jahr 2040 ein Gesamtbeitrag von 50 Prozent zu erwarten ist, den aber die Beitragszahler weder aufbringen wollen, noch können. Der Beirat schlägt deshalb vor, weitere Pflegeleistungen nicht mehr über die Sozialabgaben zu finanzieren, sondern ergänzende Privatversicherungen verpflichtend zu machen. Hoffentlich fühlen sich die Politiker durch diesen Vorschlag in die Pflicht genommen.

Altbausanierung soll Pflicht werden

Um die Klimaziele der EU zu erreichen, müssten pro Jahr 4 Millionen Bestandsimmobilien energetisch modernisiert werden. Wir schaffen gerade mal die Hälfte. Deshalb will das Europaparlament eine Sanierungspflicht einführen. Prompt ist ein Streit darüber entbrannt, ob Zwang überhaupt zielführend und das weitergehende Vorhaben, die Effizienzklasse 2 verbindlich zu machen, realisierbar und für die Immobilienbesitzer finanzierbar ist. Der Verband „Haus & Grund“ schätzt die Kosten dafür pro Wohneinheit auf bis zu 100.000 Euro. Kritik an überzogenen Forderungen kommt selbst von der Bundesbauministerin. Zudem gibt es aktuell durch kommunale Vorschriften auch schon Probleme bei bewährten Standardsystemen mit WDVS und dem Einbau neuer Fenster: So hat jetzt in Frankfurt die Bauaufsicht einer Eigentümergemeinschaft untersagt, ihr Objekt zu dämmen und die Fenster auszutauschen. Das Mehrfamilienhaus unterliegt einer der vielen Milieusatzungen, deren Ziel es ist, die unterschiedliche Zusammensetzung der Bewohner zu gewährleisten. Weil aber die Sanierungskosten – noch – auf die Mieter, die in diesem Haus einen Teil der Bewohner ausmachen, umgelegt werden können, wurde das Vorhaben nicht genehmigt. Über die Folgen dieses Verbotes schrieb ein Leser an die Tageszeitung: „Wenn Schimmel zum Milieu gehört, kann man halt nichts machen.“ Der Wirrwarr um Wärmedämmung und Effizienzklassen geht weiter. Effizient ist das nicht.

Marketing für Montagsmaler

Ich hatte ja gehofft, dass meine mehrfachen Berichte über die „Montagsmaler“ dazu führen würden, dass viele Innungen, oder wenigstens einige, diese erfolgreiche Idee aufgreifen und eine ähnliche Weiterbildungsmöglichkeit für die Besten ihres Nachwuchses anbieten würden. Hoffnung macht aber, dass Studierende der Fachhochschule Darmstadt jetzt die Montagsmaler bei der Arbeit, aktuell an Polymentvergoldungen, besucht haben und mit diesem Weiterbildungsformat im Rahmen eines Studienprojekts eine Marketingkampagne entwickeln. Dazu wurden mit allen einzelnen Kursteilnehmerinnen und -teilnehmern Kurzvideos gedreht, die in die Sozialen Medien gestellt werden. Ziel des Projektes ist eine breite Nachwuchskampagne für unseren vielfältigen Beruf – den mit goldenem Boden.

Beschissene Idee?

Sand und Zement sollen, wie berichtet, dringend durch umweltfreundlichere Baustoffe ersetzt werden. Dazu hat eine japanische Forschergruppe jetzt eine überraschende Lösung entwickelt: Gebrauchte Windeln. Deren Verwendung kann bei Einfamilienhäusern den Sandanteil im Beton zu fast 30 Prozent ohne Festigkeitseinbußen reduzieren. Bei nicht tragenden Bauteilen könne, so die Forscher, der Windelanteil im Mörtel sogar 40 Prozent betragen. Sie machen zusätzlich geltend, dass durch diese Wiederaufarbeitung auch die Mülldeponien entlastet würden. Windel als Baustoff? Auf jeden Fall Diskussionsstoff.


PraxisPlus

Autor Werner Schledt war jahrzehntelang Betriebsberater und Verbandsgeschäftsführer im hessischen Maler- und Lackiererhandwerk.

Werner Schledt

Gangstraße 35 c

60388 Frankfurt/Main

werner@schledt.de


Kein Joke mehr beim Job“

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