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Upcycling par excellence

Klinkerriemchen
Upcycling par excellence

Wird ein Klinkergebäude abgerissen, beginnt für die gebrannten Ziegelsteine ein „neues Leben“. Die gereinigten und sortierten Klinker werden zu Klinkerriemchen. Kantenabbrüche, Patina oder Unregelmäßigkeiten machen jedes Riemchen zu einem Unikat.

Autorin: Susanne Sachsenmaier-Wahl | Fotos: Caparol/Andreas Wiese

Was einst als Industrie- und
Werkshallen verwendet wurde und für Industrialisierung sowie Weiterentwicklung stand, hat in der heutigen Architektursprache einen ganz besonderen Stellenwert“, weiß Ann-Sophie Wisker. Die junge Frau arbeitet im Caparol-Produktmanagement Gebäudehülle mit dem Schwerpunkt Oberflächen. In ihren Aufgabenbereich fällt auch ein ganz besonderes Fassadenprodukt: der LoftLook Klinker. Diese Klinkerriemchen, die beispielsweise auf ein Wärmedämm-Verbundsystem aufgebracht werden können, kommen nicht etwa frisch aus dem Brennofen. „Die Ziegelsteine sind ehemaliges Mauerwerk leerstehender und nicht mehr genutzter Fabrik- und Industriehallen, wie zum Beispiel stillgelegte Zechen im Ruhrgebiet oder ehemalige Brauereigebäude“, erzählt uns die Produktmanagerin und fährt fort: „Die ursprüngliche Fassade dieser Industriehallen ist über Jahrzehnte der freien Bewitterung ausgesetzt: Regen, Wind und Sonne haben damit das Gesicht der Fassade eindrucksvoll geprägt. Die LoftLook Klinker können oft eine 100-jährige Geschichte erzählen.“ Und exakt dieses „erste Leben“ der Klinkerriemchen macht diese zu einer außergewöhnlichen Fassadenbekleidung. „Jedes einzelne Ziegelriemchen ist ein echtes Unikat“, schwärmt Ann-Sophie Wisker und konkretisiert, warum das so ist: „LoftLook Klinker zeichnen sich durch ihre heterogene Oberfläche mit einer unregelmäßig gebrochenen Kantenoptik aus. Je nach Standort des ehemaligen Gebäudes ist auch der Riemchenfarbton beeinflusst durch die damaligen Backstein-Produktionen und die Rohstoff-Vorkommen in der Region. Diese spezifischen Einflüsse und der daraus resultierende starke Charakter lässt sich heute industriell nicht nachstellen. Diese individuelle und exklusive Fassadenoberfläche verleiht jedem Gebäude ein einzigartiges Erscheinungsbild.“

Von der Industriebrache zum Neubau

Am Ende der ursprünglichen Nutzungsphase eines vormals industriell genutzten Klinkergebäudes stellt sich die Frage: Was passiert damit? In einigen Fällen wird das Gebäude umgenutzt, vielleicht entstehen schicke Loft-Wohnungen oder trendige Boutiquen in den einstigen Industriebrachen. Oft ist ein Abriss aber unumgänglich. Hier kommt Caparol ins Spiel. „Um die Baumaterialien nicht ungenutzt zu lassen, haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, den Backsteinen und dessen einzigartiger Oberfläche ein neues Leben zu geben“, erfahren wir von Ann-Sophie Wisker. „Die nicht mehr genutzten Gebäude werden zurückgebaut. Dabei werden die abgetragenen Backsteine sortiert, gereinigt und für die Verwendung auf Capatect Fassadensystemen geprüft. Anschließend werden die Backsteine zu Riemchen gesägt. Hierbei achten wir darauf, dass möglichst beide Sichtseiten verarbeitet werden können. Das verbleibende Mittelstück wird zu hochwertigem Tongranulat weiterverarbeitet. Der entstandene Steinbruch kann beispielsweise als Vegetationssubstrat zur Dachbegrünung, als Schuttmaterial für regionale Wald- und Forstwege oder als Belag auf Tennisplätzen eingesetzt werden. Somit wird der gesamte Backstein genutzt“, schildert die Produktmanagerin das Prozedere.

Das klingt nach Upcycling wie aus dem Bilderbuch. Da drängt sich die Frage auf, warum erst jetzt mit der Wiederaufbereitung der alten Klinker begonnen wurde. „Interessant ist die Wiederaufbereitung von Baumaterialien schon immer; hierzu gibt es reichhaltige Belege aus der Geschichte“, widerspricht Wisker. Weshalb Caparol den LoftLook Klinker gerade jetzt ins Produktportfolio aufgenommen hat, begründet sie mit dem Nachhaltigkeits-Trend. „In den letzten Jahren ist das Thema „Nachhaltiges Bauen“ deutlich präsenter geworden. Themen wie CO2-Einsparung, Ressourcenschonung, Energieeffizienz und Abfallreduktion rücken in den Mittelpunkt. Auch die Wertschätzung des Materials hat eine bedeutendere Position im Werkstoffkreislauf eingenommen. Diese zunehmende Bedeutung macht das Upcycling von Baumaterialien und deren ökologische und ökonomische Auswirkung deutlich interessanter.“ Die LoftLook-Klinker punkten hinsichtlich der Nachhaltigkeit gleich dreifach: zum einen entsteht beim Abbruch weniger Schutt, der teuer zu entsorgen ist. Zum anderen werden weniger neue Ressourcen benötigt und zu guter Letzt entfällt das energieintensive Brennen, das beim Herstellen neuer Klinker notwendig ist.

Zahlreiche Farbvarianten der Klinkerriemchen

Doch nicht nur ökonomische und ökologische Gesichtspunkte machen die „neuen alten“ Klinkerriemchen interessant. „Ein weiterer Aspekt, der die Wiederaufbereitung so interessant und erst möglich macht, ist, dass die zum Abbruch bestimmten Gebäude das Ende ihrer Nutzungsphase erreicht haben. Der Strukturwandel in den Städten und Industrieregionen macht den Abriss dieser ungenutzten Gebäude unumgänglich und stellt gleichzeitig eine Option dar, die vorhandenen Materialien und Optiken der Region einer neuen Verwendung zu zuführen. Typische Charakterzüge können so in einer neuen Architektursprache modern interpretiert werden, ohne als Fremdkörper aufzutreten“, erklärt Ann-Sophie Wisker.

Ihre unterschiedliche Vergangenheit sorgt auch für Farbvielfalt bei den aufbereiteten Klinkerriemchen. „Die Farben resultieren aus den zurückgebauten Bausteinen. Abhängig vom Standort des ehemaligen Gebäudes variieren die Farbtöne, da früher die lokale Backsteinproduktion in der Region als Lieferant für das Mauerwerk genutzt wurde. Daher sind regionale Ton- und Rohstoffvorkommen ausschlaggebend für die Farbvarianten“, klärt Wisker auf. Das hat auch für den Verarbeiter Konsequenzen – ansonsten könnte es zu unangenehmen Überraschungen kommen. „Beim Bestellen ist darauf zu achten, den Gesamtbedarf an Ziegelriemchen eines Bauvorhabens zusammen zu bestellen, um sicher zu gehen, dass die LoftLook-Klinker von einem Rückbauobjekt stammen“, rät die Produktmanagerin. Abwechslungsreich wird das Fassadenbild in jedem Fall sein, schließlich waren die Riemchen an unterschiedlich ausgerichteten und somit verschieden beanspruchten Außenwänden jahrzehntelang der Witterung ausgesetzt. Caparol empfiehlt deshalb, die Riemchen vor dem Verkleben zu sichten und, wenn nötig, zu mischen, z. B. indem die Riemchen aus unterschiedlichen Lagen der Lieferung entnommen werden.

Dämmfassade im historischen Look

Das Format der Upcycling-Ziegelriemchen richtet sich nach den zurückgebauten Backsteinen und beträgt 250 x 65 x 20 Millimeter. Passend zu den Ziegelriemchen werden Winkelriemchen für die Ausbildung von Außenecken und Läuferwinkel, die z. B. für Stürze in Fensterleibungen oder zum Verkleiden von Sichtkanten im Sockelbereich zum Einsatz kommen, angeboten. In der Formatauswahl müssen also keine Abstriche gegenüber neuen Riemchen gemacht werden. Auch die Verarbeitung der wiederaufbereiteten Klinker unterscheidet sich nicht von der herkömmlicher Riemchen. „Die LoftLook-Klinker werden, wie andere Hartbelagsoberflächen auch, auf die fertiggestellte Armierungslage eines WDVS im Buttering-Floating-Verfahren verklebt und anschließend im gewünschten Farbton verfugt“, erfahren wir von Ann-Sophie Wisker. So lässt sich ein (neues) Gebäude, das dank des darunterliegenden WDVS den zeitgemäßen Dämmstandards entspricht, in ein historisch anmutendes Gewand packen und gegebenenfalls in das bauliche Umfeld einfügen. „Der LoftLook-Klinker wird heute meist auf den Dämmstoffen Polystyrol und Mineralwolle eingesetzt werden“, vermutet Wisker, möglich sei ihre Anwendung aber auch auf Polyurethan.

Preislich liegen die Upcycling-Klinkerriemchen verständlicherweise höher als solche „von der Stange“. „Bei LoftLook Klinker handelt es sich um ein Unikat. Jeder Stein wird von Hand sorgfältig ausgesucht, bearbeitet und einer neuen Verwendung zugeführt. Im Sinne der nachfolgenden Generationen ist dies eine Investition in die Zukunft und kann nicht mit einer industriellen Serienfertigung verglichen werden“, begründet die Produktmanagerin den höheren Preis. Aber sie sieht diesen auch nicht als einen Hinderungsgrund an, sich für die wiederaufbereiteten Klinker zu entscheiden: „Für Kunden, die sich für LoftLook-Klinker entscheiden, zählen andere Kriterien als der Preis.“

Weitere Fotos:
www.malerblatt.de


Ann-Sophie Wisker, Caparol-Produktmanagement Gebäudehülle

„Inspiriert von den amerikanischen Lofts hat die Used-Optik in den letzten Jahren deutlich an Zuspruch und Anerkennung gewonnen.“

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