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Metallspachtelung in einer Vinothek

Metallspachtelung
Glanzpunkt der Gestaltung

Metallspachtelung: Roland Becker von der Firma Design Surfaces hat mit aufwendig geschliffenen Metalloberflächen in einer Vinothek Akzente gesetzt. Ihre handwerkliche Tiefe schließt eine Reise durch die Dimensionen guter Gestaltung mit einem Glanzpunkt ab.

Autor: Achim Pilz | Fotos: Behrendt und Rausch

Der Neubau der Vinothek Sauer in Landau-Nußdorf (wir berichteten darüber bereits in Malerblatt 12/22) soll auf das Bio-Weingut der Familie Sauer und die handwerkliche Tradition dort aufmerksam machen. Der körnige, Schicht für Schicht gestampfte Lehm, ist dafür bestens geeignet. Seine horizontalen Lagen und großen Steine an ausgewählten Stellen der Fassade erzählen von dem „Terroir“ der Weinberge. Der erdige Stampflehm prägt auch den Innenraum, in zwei abgewinkelt zueinander stehenden Wänden. Hier wird das raue Material ergänzt durch eine plastisch gestaltete Decke, bei welcher der Lehm schon etwas gleichmäßiger erscheint. Markant sind die matte, rote Theke und der vielschichtig graue Präsentationsschrank dahinter. Den Schrank durchfurchen drei horizontale und eine vertikale Vitrine. Streifen und Vitrinen sind mit Metallspachtel gestaltet, der eine deutliche Handschrift zeigt. „Das ist etwas für den aufmerksamen Betrachter“, bemerkt Joachim Bendel, der Restaurator und Schreiner ist. „Wir wollten nicht, dass das zu präsent wird. Wer genauer hinschaut, sieht aber ein schönes Detail.“

Metallspachtelung

Roland Becker und seine Firma Design Surfaces (www.design-surfaces.de) führten die Metallspachtelung aus. Design Surfaces hat sich auf nahtlose Metall-, ästhetische Beton- und steinige Putzoberflächen spezialisiert – anspruchsvolles Design mit puren und edlen Materialien für unterschiedliche, individuelle Anwendungen. Becker kam vor 20 Jahren durch eine Anfrage nach einer metallischen Oberfläche dazu, mit „Liquid Metal“ – echtem Metallpulver in einem Acrylbinder – zu arbeiten. Der Hersteller Midas Metall gibt 90 Prozent echte Metalle, fein gemahlen und 10 Prozent Binder an. Traditionell gibt es verschiedene Metallbeschichtungstechniken wie „Poliment-, Öl- und Hinterglasvergoldung sowie die Arbeit mit Kupferoxid. Die Ästhetik von jedem Metall ist einmalig, ob edel leuchtendes Gold, spiegelndes Silber, warm glänzendes Messing, pflegeleichter matter Edelstahl, robustes Aluminium oder stabil wirkende Bronze.

Beim Liquid Metal kommt das Metall nach der Trocknung und etwa zehn Schleifarbeitsgängen an der Oberfläche zu liegen. „Den Binderanteil sieht man fast nicht, weil er sehr gering ist. Er ist aber da“, erklärt Becker. Der Binder verhindert, dass es beim Polieren zum spiegelnden Glanz kommt, wie man ihn von reinen Metallen kennt. „Spiegelglanz schaffen wir mit Flüssigmetall leider nicht, aber immerhin einen gespiegelten Glanz“, so der Fachmann. Liquid Metall kann gespritzt werden, also der Form folgend wie bei Figuren oder runden Formen. Es kann mit gängigen Werkzeugen wie Pinsel oder Rolle aufgetragen werden. Steht die Handschrift im Vordergrund, wird es mit sichtbaren Spachtelschlägen mit der Japankelle aufgetragen. Nach dem Trocknen wird geschliffen von grob bis ganz fein und so die Reliefwirkung bestimmt.

Gespachtelter Glanz

Für den Tresen der Vinothek trug Roland Becker etwas steifer mit Binder angemachtes Zinkpulver mit dem Japanspachtel auf einen grundierten MDF-Träger auf – mit einer deutlichen Handschrift. „Das Material trage ich frei, nach Gefühl auf“, erzählt der Metallbeschichtungsexperte, „manchmal etwas dicker, manchmal etwas dünner.“ Die Stärke der Schicht beträgt im Mittel ca. 250 Mikrometer. Wird sie zu dick aufgetragen, gibt es Risse im Trocknungsprozess, die am Ende sichtbar bleiben.

Nach dem ersten Trocknen – durchgetrocknet ist die Schicht nach sechs bis acht Tagen – begann Becker mit einer Körnung von 240 zu schleifen. Bis zu einer 800er-Körnung führte er insgesamt sieben Aufbauschliffe aus. Dann folgten drei Polierschliffe mit 2000er-, 3000er- und 6000er-Pads. „6000, das ist so, wie sich die Fingernägel zu polieren“, scherzt Becker und fährt fort: „man könnte das noch durch eine Polierpaste steigern. Aber die verwende ich nicht so gerne, weil sie das Metall farblich stark verändert.“ Auch besteht besonders beim Polieren die Gefahr, dass die Oberfläche zu warm wird und der Binder weich, denn der Acrylbinder ist thermoplastisch. Auf jeden Fall sollte man deshalb erst nach dem gänzlichen Durchtrocknen polieren.

Parallele Linien

Den gesamten Korpus der drei horizontalen Vitrinen im Präsentationsschrank hob Becker durch die parallelen Linien eines Kammzugs hervor – analog zu dem Stampflehm, zur Terrassenoberfläche und dem Besenstrich des Außenputzes der Kelterhalle. Bei der großen, vertikalen Vitrine gestaltete er nur die Rückwand so aufwendig.

Für den Kammzug trug Becker Binder mit Bronzepigmenten von Midas glatt auf und zog sie mit einem Kamm aus. So wurde die Schicht an manchen Stellen bis zu 0,5 Millimeter dick. Danach schliff und polierte er die warm leuchtenden Streifen in organisch variierenden Stärken heraus. Am Ende sprühte er auf alle Spachtelungen einen seidenmatten 2K-PUR-Lack als transparenten Metall-Schutzfilm. In der vieldimensionalen handwerklichen und nachhaltigen Gestaltung der Vinothek sind die Metallspachtelungen ein atmosphärischer Hintergrund für die gut ausgeleuchteten Flaschen und zugleich edle Glanzpunkte.

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