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Argumente für den Klimaschutz

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Argumente für den Klimaschutz

Über Wärmedämmung wird immer wieder kontrovers diskutiert. Auch Planer und Handwerk stehen häufig falschen Behauptungen gegenüber und müssen diesen kenntnisreich entgegentreten können. So heißt es bisweilen noch, Wärmedämmung sei schlechter als Wärmespeicherung, die Sonneneinstrahlung könne massive Wände nicht mehr aufheizen, zu dichte Wände seien schädlich für das Wohnklima. Dr. Jürgen Jager, Mitarbeiter der Caparol-Technik, beschreibt im Malerblatt Fakten, die überprüfbar sind und daher unstrittig Argumentationshilfe pro Wärmedämmung bieten.

Welches Grundwissen muss bekannt sein, bevor man über Wärmedämmung redet?

Gebäude werden in Mitteleuropa im Winter von innen beheizt und entsprechend der Jahreszeit von außen von der Sonne bestrahlt. Die jeweilige Wandseite wird erwärmt. Ist die Seite massearm (leicht) und weist sie eine geringe spezifische Wärme auf, erwärmt sie sich schnell, im umgekehrten Fall langsam. Bei ausreichend langer Einwirkung der Wärmequelle – innen der Heizung, außen der Sonne – nimmt die Oberflächentemperatur signifikant zu. Wird die Quelle abgeschaltet, geht die Energie als langwellige Strahlung verloren. Außerdem kühlt vorbeistreichende kalte Luft die Wand (Konvektion). An der Fassade findet die langwellige Wärmeabstrahlung vornehmlich bei Nacht statt. Durch gegenseitiges Bestrahlen der Innenseiten ist die langwellige Energieabgabe im Innenraum nicht von Bedeutung. Es kommt nicht zu nennenswerter Auskühlung.
Kann eine massive Wand diesen Energieverlust nach außen über längere Zeit ausgleichen? Oder anders gefragt: Wie verteilt sich die Temperatur bei einer homogenen, massiven Wand?
Nein, eine massive Wand kann diesen Energieverlust nach außen über längere Zeit nicht ausgleichen. Die Innenwandtemperatur liegt deutlich unter der Temperatur der Raumluft. Innerhalb der Wand nimmt die Temperatur weiter mehr oder weniger linear ab bis zur äußeren Fassadentemperatur. Diese liegt etwas oberhalb der Außenlufttemperatur. Scheint die Sonne, erwärmt sie die Fassade. Dadurch wird das Temperaturgefälle nach außen ein wenig geringer.
Gilt das auch für einen wärmedämmenden Leichtbaustoff?
Er erwärmt sich ebenfalls. Auf Grund des niedrigen Speicherpotenzials erwärmt er sich an der Oberfläche schneller, kühlt aber auch schneller aus. Auf der Innenseite hat das zur Folge, dass die Wand ihren stabilisierenden Einfluss auf die Raumtemperatur teilweise einbüßt. An der Außenseite erwärmt sich ein Leichtbaustoff ebenfalls an der Oberfläche unter Sonneneinstrahlung. Die Oberflächentemperaturen können sogar während der Heizperiode bei WDVS auf über 40 Grad Celsius ansteigen. Die Fassade kühlt aber, je nach Umlufttemperatur und möglicher langwelliger Rückstrahlung, unterschiedlich schnell herunter. Dieses Verhalten an der äußeren Oberfläche der Fassade tritt natürlich auch bei WDVS auf.
Wäre es dann nicht besser, die Wände innen zu dämmen? Macht Außendämmung dann überhaupt Sinn?
Sie macht Sinn. Denn eine Innendämmung entkoppelt die massive Wand thermisch von der Raumluft. Die massive Wand weist eine deutlich abgesenkte Temperatur gegenüber der Raumtemperatur auf. Zwischen dieser abgekühlten Innenseite und der niedrigeren Außentemperatur verläuft der Temperatur-Gradient – wie bei einer homogenen, massiven Wand – nahezu linear. Die massive Wand „speichert“ gleichsam die Temperatur auf niedrigem Niveau. Die von außen eingebrachte Strahlungsenergie kann den Innenraum nicht positiv beeinflussen.
Können Sie dieses Prinzip der Fassadendämmung näher erläutern?
Der massive Wandbildner speichert die Energie auf hohem Niveau und stabilisiert die Innenraumtemperatur. Ein Verlust nach außen wird durch die Fassadendämmung deutlich reduziert. Äußere Strahlungsgewinne durch Sonneneinstrahlung führen zudem dazu, dass der Temperaturabfall innerhalb der Dämmung gemindert wird, was einen weiteren kleinen positiven Beitrag zur Wärmedämmung liefert. Außenseitige Fassadendämmung schließt also nicht – wie gelegentlich in Kritiken zu lesen ist – den solaren Wärmegewinn aus. Dieser Gewinn kann sogar auf zweierlei Art genutzt werden. Zum einen wird das thermische Gefälle – wie zuvor beschrieben – gemindert und der Energieverlust durch die geschlossene Wand leicht reduziert. Zum anderen kann der Energiegewinn durch Glasflächen effektiver genutzt werden, indem diese Energie nicht durch ungedämmte Wände entweicht.
Welche Einflüsse spielen neben der Temperatur eine Rolle?
Im wesentlichen die Feuchtigkeit. Ein nasser Pullover hält nicht warm. Das ist hinlänglich bekannt. Mit diesem „Wissen“ argumentieren Anbieter von „wärmedämmenden Fassadenfarben“ seit einigen Jahren am Markt. Längst ist der Beweis erbracht, dass die bauphysikalisch optimierten Fassadenfarben, z.B. Siliconharzfarben, ebenfalls das Austrocknen einer Wand fördern und dadurch zum Wärmeschutz beitragen. Zum Teil übertreffen deren Ergebnisse die der speziell ausgelobten, extrem teuren vermeintlichen „Wunderfarben“. Einem Vergleich der „Dämmleistung“ mit einer echten Wärmedämmung können beide naturgemäß nicht standhalten. Capatect-Wärmedämm-Verbundsysteme beispielsweise sind werkseitig Wasser abweisend, aber diffusionsoffen ausgerüstet. Daher halten sie – fachgerechte Verarbeitung vorausgesetzt – Feuchtigkeit von der Fassade fern. Die Fassade bleibt dauerhaft trocken – ein zusätzlicher Beitrag zur Wärmedämmung.
Was ist an der Behauptung dran, Fassadendämmung schade dem Wohnklima?
Das ist eine der irrigsten Aussagen überhaupt. Umfragen bei Bewohnern von Niederigenergie-Häusern belegen sogar das Gegenteil. Die Begründung ist einfach: Ein Kubikmeter Luft wiegt etwa 1 kg. Der Energieinhalt dieser Luft wird durch die Temperatur dieser (geringen) Masse bestimmt. Weist die Raumluft etwa die Temperatur der Wandinnenseite auf, findet kein Energieaustausch statt. Ist die Wand wärmer, erwärmt sie die Luft. Ist die Luft wärmer, überträgt sie die Energie auf die kältere Wand und „heizt diese auf“, bis es wieder zum Gleichgewicht kommt. Bei einer Innendämmung ist die Masse der angewärmten Wandbeschichtung relativ klein. Die bereitgestellte Energie demnach ebenfalls. Wird die Warmluft gegen kalte Außenluft ausgetauscht (Stoßlüftung!), kann die Kaltluft nur unwesentlich erwärmt werden, obwohl die Wandoberfläche deutlich abkühlt. Bei einer Fassadendämmung auf massivem Wandbildner befindet sich die gesamte große Masse des Wandbildners auf einem hohen Temperaturniveau. Wird die Innenluft durch kalte Außenluft ersetzt, kann die Wand diese Luft schnell und wirksam aufheizen, ohne selbst nennenswert auszukühlen. Die Lufttemperatur auf angenehmem Niveau sorgt für Wohnbehaglichkeit.
Und was geschieht mit dem Wasserdampf aus Küche und Bad? Welchen Einfluss hat die Lüftung auf diese Feuchtigkeit?
Warme Luft kann viel, kalte Luft nur wenig Wasserdampf aufnehmen. Liegt mehr Wasser vor als zur Sättigung (= 100 Prozent) aufgenommen werden kann, kommt es zur Tröpfchenbildung (Kondensat, Nebel etc.). Feuchtewerte unterhalb der Sättigung werden in Prozent zum jeweiligen temperaturbedingten Sättigungswert als relative Feuchte angegeben. Luft von 20 Grad Celsius nimmt bis zur Sättigung etwa drei Mal mehr Wasserdampf auf als 2 Grad Celsius kalte. Nun zum Geheimnis der Stoßlüftung: Wird in einem Badezimmer nach einem Duschvorgang 20 Grad Celsius warme feuchte Luft mit 80 Prozent relativer Feuchte ausgetauscht gegen kalte Außenluft von 5 Grad Celsius und 80 Prozent relativer Feuchte, werden mit jedem Kubikmeter Luft 11,4 Gramm Dampf nach draußen abgegeben. Nach Aufheizen der Luft über warme, massive Wände kann die Luft sich wieder mit Feuchtigkeit sättigen. Dabei verdampft Kondensat. Diese Stoßlüftung kann mehrfach jeweils nach dem Aufheizen wiederholt werden, um den Raum auszutrocknen. Bei warmen, massiven Wänden wird ein deutlich besseres Ergebnis erzielt, da die Luft wesentlich wärmer wird als bei leichteren Wänden mit weniger Wärmepotenzial. Soweit zur Außendämmung. Die Dämmung der Innenwand schafft dabei zusätzliche Probleme. Denn häufig kondensiert Wasserdampf hinter der Dämmplatte im Kleberbett. Dies führt zu Schimmelbildung und unangenehmen Geruchsbelästigungen.
Wäre Dauerlüften dann nicht besser?
Der große Nachteil des Dauerlüftens durch gekippte Fenster besteht darin, dass die Mischluft mit einer mittleren Temperatur und geringer Dampfmenge über einen längeren Zeitraum ausgetauscht wird. Die Wände kühlen aus, ohne die Energie optimal einzusetzen. Es bleibt viel Kondensat auf den kälteren Wänden. Dadurch besteht die Gefahr der Schimmelbildung. Schimmelpilze findet man auch häufig an der Fassade im Strömungsbereich der ausströmenden Mischluft. Diese kühlt an der kalten Außenfläche weiter ab. Der Dampf kondensiert oberhalb des Fensters und hält diese Flächen dauerhaft feucht. Diese Pilzkolonien sind schon von weitem an vielen Gebäuden zu erkennen.
Was lässt sich aus diesen Beobachtungen ableiten?
Massive Wände, auf der Außenseite mit einer funktionsfähigen Wärmedämmung versehen, sind bauphysikalisch die optimale Lösung. Bei diesem Aufbau wird die Raumtemperatur angenehm stabilisiert. Die Feuchtigkeit der Raumluft lässt sich auf denkbar einfache Weise in gesunden Grenzen halten.
Ohne Zweifel sind auch andere Wandaufbauten denkbar – und werden selbstverständlich auch realisiert. Sie erreichen aber nicht die selben guten Werte. Die Wärmespeicherung massiver Wände liefert einen wichtigen Beitrag zur Temperaturregulierung, nicht jedoch zur Energieeinsparung, sofern sie nicht mit einer Wärmedämmung verknüpft ist. Solare Energiegewinne können die Energiebilanz positiv beeinflussen, jedoch nur, wenn sie nicht ungenutzt verpuffen, sondern mittels effizienter Begleitmaßnahmen gleichsam gehütet werden.
Herr Dr. Jager, herzlichen Dank für das informative Gespräch.
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