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Innovative Treppenhausgestaltungen der 1950er- und 60er-Jahre

Treppenhausgestaltung
Gestalterischer Aufbruch

Innovative Treppenhausgestaltungen der 1950er- und 60er-Jahre findet man heute kaum noch. Dabei war die Zeit gestalterisch sehr innovativ. Die Bezüge zur neuen Sachlichkeit und der Formgestaltung aus dem Bauhaus in Weimar und Dessau sind unübersehbar. Grafische Formen und klare Farbkonzepte dominierten die Nachkriegsgestaltung. Eine zeitgenössische Betrachtung und aktuelle Beispiele

Autorin: Friederike Schulz

Auch in der heutigen Zeit sind besondere Treppenhausgestaltungen gefragt – sowohl in privaten, als auch in öffentlichen Gebäuden. Im Det Nye Rigshospital in Kopenhagen z. B. kann man die Malereien der Künstlerin Marlene Landgreen an den Wänden des spiralenförmigen Treppenhauses bewundern. Die übereinander gelegten Farbflächen wirken wie Lichtreflexionen bunter Gläser. Der Raum bekommt dadurch eine Leichtigkeit und Transparenz. Der Einfluss der 1950er- und 60er- Jahre ist unverkennbar, wird aber eindeutig neu gedacht. Die grafische Aufteilung ähnelt der in der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Regensburg (siehe unten), die Farben sind aber moderner und fröhlicher und könnten wie ein Zitat der Lichtspiele alter Bleiglasfenster in Kirchen gedeutet werden.

Auch die Treppenhausgestaltung in Kalkmörteltechnik der Niederländerin Annelies Toebes in einem Schweizer Privathaus erinnert an die Gestaltungen der 1950er/60er-Jahre. Die Fresco-Künstlerin nutzt die historische Technik zeitgemäß und verknüpft sie mit weichen grafischen Strukturen.

Eine kluge Neuinterpretation für ein 50er-Jahre-Gebäude in Schweden kommt von den Dekorationsmalerinnen und Designerinnen Hanna Säftström, Lotta Hammer und Sara Kebbon. Die drei Frauen haben sich in Stockholm unter dem Namen Karla Design & Dekorationsmåleri zusammengetan. Ihre Arbeit orientiert sich an der Architektur des Hauses in Verbindung mit der Moderne. Die grafische Aufteilung der Flächen ist typisch für die Entstehungszeit des Hauses.

Innovative Treppenhausgestaltungen der 1950er- und 60er-Jahre: Die Neue Sachlichkeit

Einige wenige Originalgestaltungen aus der Zeit findet man noch in einigen denkmalgeschützten Gebäuden, wie beispielsweise in der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Regensburg. Die Wandgemälde des Oskar Schlemmer Schülers Willy Ulfig, die sich vom Erdgeschoss ins Obergeschoss erstrecken, sind ein Paradebeispiel der Zeit. Die Farben und die grafische Aufteilung spiegeln die neue Sachlichkeit wider. Die Figuren sind abstrakt dargestellt und mit Zitaten aus dem Werk Leonardo da Vincis gespickt. Dem 1952 errichteten Bau folgte zwischen 1958 und 1961 ein zweiter Komplex. Das dortige Treppenhaus besticht durch ein intensives Grün mit Bildern des Künstlers Jo Lindlinger, auf denen die Baugeschichte von der Urhütte (beginnend im Obergeschoss) bis zur Moderne (Erdgeschoss) dargestellt wird. Die hier gezeigten abstrakten Darstellungen und Ornamentformen waren ein Zeichen für Aufbruch und das Loslösen von der Nazi-Diktatur.

Erste Farbgestaltungs-Instrumente

Farbe in Treppenhäusern war also auch nach dem Zweiten Weltkrieg und im architektonischen Umbruch ein wichtiger Bestandteil der Raumgestaltung. In dem Buch „Farbige und gemusterte Wände“ (Deva Fachverlag Stuttgart, 1961) beschreiben zwei Beispiele, wie der Treppenaufgang eines Verwaltungsgebäudes gestaltet werden könnte. Auf der rechten Zeichnung (S. 66) erkennt man die für die Zeit typischen Wandornamente, wie sie auch im grünen Treppenhaus in der OTH Regensburg zu finden sind.

Bereits zu dieser Zeit gab es erste „Farbgestaltungs-Instrumente“: Beim „Raum-Farb-Wähler“ von Moltofill (Molto GmbH), erschienen im Callwey-Verlag, konnte durch Auflegen unterschiedlicher farbiger Folien (insgesamt 40 Farbtöne) auf Bilder von Raumsituationen in privaten Wohnräumen – wie hier im Beispiel der Treppenaufgang – der zu erwartende Raumeindruck deutlich gemacht werden.

Die Farbigkeit nimmt ab

Die Freilegung im denkmalgeschützten City Hof Hamburg zeigt die unterschiedlichen Farbgebungen aus der Bauzeit (1954 bis 1958) bis zum Abriss 2019. Interessant ist hierbei, wie die Farbigkeit über die Jahre abnimmt. Ursprünglich in einem Altrosa gestrichen, wurde später ein gräulich-grünlicher Dickschichtanstrich appliziert. Danach folgte wahrscheinlich der Einfachheit halber Weiß. In den vier Treppenhäusern des Hochhauskomplexes waren in einigen Bereichen Wandbilder zu finden, auf denen historische Hamburg-Motive abgebildet waren. Die Veränderung der Farbgebungen an den Wänden über die Jahre wirkte sich auch auf die Bilder aus. Einst integriert ins Konzept wirkten sie zum Schluss wie verstaubte Relikte einer längst vergangenen Zeit.

Gute Gestaltung – positiver Eindruck

Alle hier aufgeführten Beispiele zeigen, dass die Gestaltung eines Raumes als Ganzes zu betrachten ist. Bleibt nur ein Modul bestehen und wird aus dem Kontext gerissen, dann wirkt es wie ein Fremdkörper. Das gilt sowohl für die Neugestaltung in historischen als auch modernen Gebäuden.

Kunstvolle Veränderung durch Farbe und Formen überträgt sich auf das Gemüt. Gute Gestaltungen, auch von Durchgangsräumen, unterstützen den positiven Eindruck eines Gebäudes. Diverse Beispiele in der Realität und in Publikationen machen das deutlich. Treppenhäuser sind in der Architektur von Häusern nicht wegzudenken und sollten daher in Farbkonzepten einen gewissen Stellenwert einnehmen.

Weitere Beiträge zur Treppenhausgestaltung:

Treppenhäuser im Historismus

Denkmalgeschützte Treppenhäuser

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