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Mehr als ein Wetterschutz

Technik
Mehr als ein Wetterschutz

Beton kann durch eine Farblasur verfeinert und in seiner Wirkung gesteigert werden. Mit derart veredelter Oberfläche wird Beton, der künstliche Stein, zum Marmor der Moderne.

Bei Lasuren geht es weder um ein technisches Oberflächenversiegeln noch um die Sanierung von Beton mittels Beschichtungen, die Risse, Fugen oder Löcher überbrücken sollen. Lasuren bieten zwar Korrekturmöglichkeiten bei ungleichmäßiger Flächenwirkung von Beton, aber stärker sind die gestalterischen Chancen, die sich durch einen dünnschichtigen transparenten Farbauftrag bieten und das Spektrum des Materials erheblich erweitern. Beton besitzt unterschiedliche Eigenfarben – von hell bis dunkel in Mausgrau, Blaugrau, Graugrün. Je nach Zusatz erscheint er fast weiß oder eher gelblich, aber auch rot oder braun. Selbst der Wasserzementwert beeinflusst die Tönung. Zuschlagstoffe und Schalung definieren die Oberflächenstruktur und somit den Untergrund für die Lasur. Durch den lasierenden Auftrag entsteht eine räumliche Wirkung, eine schwer erfassbare Tiefe der gegossenen Masse wird erzeugt, und das Erlebnis der Fassade oder des Raumes wird intensiviert. Dieser Effekt kann durch mehrfaches Auftragen von Nuancen noch gesteigert werden. Zudem besteht die Möglichkeit, Lasuren betont matt zu wählen – in Korrespondenz mit der Oberflächenbeschaffenheit des Betons selbst.

Farbe stiftet Identität
Farbe ist im Entwurfsprozess lange disponibel, greift sie doch erst spät im Bauvorgang. Farbe ist ein Element der Ordnung und vermag die Orientierung zu erleichtern. Farbe beeinflusst Maßstab und Form. Farbe ist die dünnste Schicht auf dem Architekturpaket und gleichzeitig ein eigenständiges Material. Sie vermag den Ausdruck naturbelassener Baustoffe wie Beton zu steigern, denn Farbe lenkt den Blick aufs Bauteil und seine Oberfläche. Einzelne Teile können durch sie betont und in ihrer Individualität gesteigert werden. Sie rücken in den Vordergrund, während andere wiederum zurückgedrängt werden. Wertigkeiten können damit auf ebenso einfache wie preiswerte Art und Weise vorgenommen werden. Farbe stiftet Identität. Farbe ist Kommunikation zwischen Bauwerk und Nutzer. Dem Besucher soll sie in guter Erinnerung bleiben. Sie muss dabei sensibel eingesetzt werden. Eine Lasur bietet sich deswegen geradezu an.
Einsatzbeispiele
Lasuren bilden sich auf vielfältige Art und Weise auf Betonflächen ab. Im zweiten Goetheaneum im schweizerischen Dornach (Rudolf Steiner, 1930) modelliert das einfallende Licht mit seiner Eigenfarbigkeit die Oberflächen, die roh belassenen wie auch die lasierten. Die Martin-Luther-King-Schule in Cambridge, Massachusetts, (Paul Rudolph, 1964) verstärkt mit dem gelben Lasurton ihrer Fassade die auftreffende Nachmittagssonne. Die harte Oberfläche erscheint auf einmal weich. In der Eingangshalle der Albert-Schweitzer-Schule in Bad Rappenau (Behnisch & Partner, 1991) begrüßt eine mit grober Bürste aufgetragene blaue Wischstruktur den Besucher.
Im Verwaltungsbau der Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft in Gera (Grebner, 1997) wurde die beherrschende Betonwand des Haupttreppenhauses von jungen Künstlern mit einem repetitiven grafischen Muster farblos lackiert. Dieser Lack mit seinem lasierenden Effekt ist erst auf den zweiten Blick durch seinen Glanz präsent, etwa beim Treppensteigen in der perspektivischen Wahrnehmung. In verschiedenen U-Bahn-Stationen in Frankfurt am Main weiten farbige Lasuren den geschlossenen Raum der Betonröhre (A.C. Walter; Farbgestaltung: Friedrich Ernst von Garnier, 1986).
In der U-Bahnstation „Konstablerwache“ zum Beispiel sind frei aufgetragene, großformatige Schriftzüge ungeometrischen „Farbfetzen“ überblendet. Man kann sich die Wartezeit verkürzen und den Text lesen oder sich schlicht am künstlerischen Bild mit seiner Tiefenwirkung erfreuen. Der technische Funktionsraum wird zum heiteren Farbraum. Ebenfalls in Frankfurt demonstriert die monochrome Lasur am Museum für Post und Kommunikation (Behnisch & Partner, 1990) ihre besondere Eigenständigkeit. Fassadenteile wurden nur ausschnitthaft damit versehen, Masse und Schwerkraft sind hier im schönen Schein teilweise aufgehoben.
Harmonisches Zusammenspiel
Der Rhythmus der Zeit verändert die Farben, nicht nur im Tagesverlauf. Eine Betonlasur – gerade im Außenraum – unterliegt dem jahreszeitlichen Wechselspiel. Die Farbtöne treten in immer neuen Zusammenstellungen auf – mit den Blüten im Frühling, dem bunten Laub im Herbst. Und der Verwitterungsprozess im Außenbereich – dem auch Lasuren unterliegen – kann als zarte Patina sogar gewünscht sein. So finden Natur und Architektur zusammen durch das harmonische Zusammenspiel der Materialien: lasierter Beton mit Holz oder Stahl – im Innenraum mit Bodenbelägen, geputzten Wandflächen oder Stoffen. Möbelstücke werden vor einer lasierten Wand ins rechte Licht gerückt, ein Strauß Blumen erblüht vor geeignetem Hintergrund. Die Farblasur wird zum Geschenkpapier, und Beton – nunmehr Kunststein – gerät zum Kunststück. Wilhelm Michel

So wird Beton lasiert
Zur Herstellung einer Betonlasur kann eine transparente, reinigungsfähige Schutzbeschichtung (zum Beispiel Disbocret 536 Waschbetonschutz LF von Caparol) eingesetzt werden. Hier wird dem Material eine Vollton- und Abtönfarbe zugegeben. Für ein gleichmäßiges optisches Erscheinungsbild ist es nötig, den Untergrund nach entsprechender Reinigung (Strahlen mit festen Strahlmitteln) zu grundieren. Hierzu wird das Material mit 20 Prozent Wasser verdünnt. Größere Ausbruchstellen, Lunker, Risse und ähnliches sollten im Vorfeld entsprechend geschlossen werden, damit die Schutzwirkung gegen das Eindringen von Schadstoffen mit der Lasur gegeben ist. Diese Ausbesserungen können sich gegebenenfalls später optisch abzeichnen. Die Abreißfestigkeit des Untergrundes sollte nach der Untergrundvorbereitung im Mittel 1,0 N/mm² betragen.
Marcus Kopp, Caparol-Technik
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