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Aufwendige Wiederbelebung

Technik
Aufwendige Wiederbelebung

Durch umfassende Instandsetzungsmaßnahmen konnte die Originalbausubstanz der Loggien an der vom Bauhaus-Architekten Walter Gropius geplanten, denkmalgeschützten Wohnanlage im Berliner Hansaviertel erhalten werden. Grundlage der ausgeführten Arbeiten war eine ausführliche Bauwerksuntersuchung und ein darauf basierendes Instandsetzungskonzept.

Rita Jacobs/Dipl.-Ing. Hans Joachim Rosenwald

Der Wiederaufbau des Hansaviertels orientierte sich an den modernen Architekturvorstellungen der damaligen Zeit. 53 namhafte Architekten aus 13 Ländern wurden 1952 zu einem Wettbewerb eingeladen. 35 Objekte wurden 1957 im Rahmen der Internationalen Bauausstellung „Interbau“ realisiert. Eines davon ist die Wohnanlage Händelstraße, die nach Planung der Architektengemeinschaft „The Architects Collaboratives“ unter Führung von Walter Gropius erstellt wurde. Rund 60 Jahre nach Fertigstellung wird das Gebäude derzeit aufwendig instandgesetzt. Betonbauteile, die unmittelbar der Witterung ausgesetzt sind, weisen massive Korrosionsschäden auf und erfüllen nicht mehr die Anforderungen zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit.
Besonderes Merkmal des Zeilenbaus sind die um 90 Grad gedrehten Wohnungsblöcke an den Schmalseiten. Der in West-Ost-Richtung auf dem Grundstück angeordnete Gesamtkomplex besteht aus vier, jeweils durch Dehnungsfugen voneinander getrennten Baukörper mit je zwei Wohneinheiten, deren Grundrisse symmetrisch aufgebaut sind.
Die Tragkonstruktion der Anlage wurde in Stahlbetonskelettbauweise ausgeführt. Für die Ausfachungen kam Ziegelsplitbeton zum Einsatz, der aus den Trümmern des im Krieg beinahe völlig zerstörten Viertels gewonnen wurde. Zwischen den nach außen sichtbaren Stahlbetonstützen und Deckenbändern wechseln sich auf der Südfassade jeweils zwei neben- und übereinander angeordnete Fensterbänder mit Loggien ab.
Schäden
Mittlerweile weist das Gebäude massive Schäden auf. Im Außenputz der Brüstungen unter den Fensterbändern sind Horizontalrisse zu beobachten. Als Ursache gilt die Windbelastung durch die großen Fensterflächen in Kombination mit dem unterschiedlichen Verformungsverhalten der eingesetzten Baustoffe durch Temperatureinwirkungen.
Vor allem die Spritzwasserbereiche der Stützen des zurückgesetzt gebauten Erdgeschosses, die die Bodenplatte der darüberliegenden Wohnungen tragen sowie die Vorder- und Unterseiten der Loggiaplatten weisen massive Korrosionsschäden auf. Hier begünstigte die Carbonatisierung der aus heutiger Sicht zu geringen Betonüberdeckung die Korrosion der Stahlbewehrung. Teilweise waren die Bewehrungen so stark geschädigt, dass die daraus resultierenden Volumenvergrößerungen zu Abplatzungen größerer Flächen führte. An einigen Stellen war die Bewehrung so deutlich korrodiert, dass Querschnittsverluste vorliegen. Zur langfristigen Erhaltung der Bausubstanz waren daher umfangreiche Instandsetzungsmaßnahmen erforderlich.
Bauwerksuntersuchung
Basis der Instandsetzungsmaßnahmen sind vorab durchgeführte stichprobenartige Prüfungen der bewitterten Stahlbetonsstützen und -loggiaplatten. Bereits bei oberflächlicher Betrachtung ist zu erkennen, dass die etwa ein Zentimeter dicke Putzschicht der Außenstützen im Erdgeschoss so stark geschädigt ist, dass teilweise der Verbund zum Untergrund nicht mehr besteht. Bei einigen Stützen sind außerdem die Betonkanten am Fußpunkt abgebrochen. In diesen Bereichen liegt die Bewehrung frei.
Freiliegende Bewehrung
Die Festigkeitsprüfung an Bohrkernen im Labor ergab Werte, denen zufolge der passive Korrosionsschutz des Betonstahls in den sonst weitgehend unbeschädigten Stützen sichergestellt ist.
Anders dagegen der Zustand der Loggiaplatten. Diese weisen an den frei bewitterten Rändern sowie an der Unterseite im Bereich der Tropfkante Betonabplatzungen auf. Die Bewehrung liegt stellenweise frei. Teilweise ist sie so weit korrodiert, dass Querschnittsreduzierungen festzustellen sind. Die Ermittlung der Betonüberdeckung und der Karbonatisierungstiefe sowie die zerstörungsfreie Prüfung der Druck- und Oberflächenzugfestigkeit des Betons ergab Ergebnisse, die nahelegen, dass die unter der Querbewehrung liegende Längsbewehrung der Loggiaplatten nicht mehr über einen ausreichenden Korrosionsschutz verfügt.
Instandsetzung
Da bei den Loggiaplatten der bisherige Korrosionsgrad der Bewehrung relativ gering und ausreichende Tragsicherheit gegeben ist, war es möglich, nach Freilegen und Entrosten der Bewehrungsstähle und dem Auftragen einer Korrosionsschutzbeschichtung die Stahlbetonbauteile durch den teilweisen Ersatz des Betons instand zu setzen.
Voraussetzung für die fachgerechte Instandsetzung ist vor allem die richtige Vorbereitung des Untergrundes. Entsprechend hat das ausführende Unternehmen, die Tarkus IngenieurSanierung GmbH aus Berlin, zunächst nicht mehr funktionsfähige Beläge, Abdeckungen und Dichtungen entfernt. Die Mitarbeiter von Firmenchef Marco Götze trugen alle verbundhemmend wirkenden Beschichtungen sowie Betonabplatzungen über korrodierten Bewehrungen und lockere beziehungsweise hohlliegenden Bereiche durch Strahlen ab. Sie öffneten die geschädigten Stellen vorsichtig und legten die korrodierten Stähle rückseitig sowie mindestens zwei Zentimeter über die Ränder der geschädigten Bereiche hinaus frei.
Um weiteres Eindringen von Feuchtigkeit zu verhindern, wurden im Beton vorhandene Risse mit Epoxidharz kraftschlüssig verpresst.
Die geringe Betondeckung der Bewehrung und die durch das Bauwerksalter bedingte fortgeschrittene Karbonatisierung verhindern eine dauerhafte Wiederherstellung des alkalischen Milieus. Damit ist passiver Korrosionsschutz der Stahleinlagen auf lange Sicht nicht möglich. Die Instandsetzung der geschädigten Bauteile erfolgte daher nach dem Instandsetzungsprinzip W (Korrosionsschutz durch Begrenzung des Wassergehaltes im Beton) der Richtlinie des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton, Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (Instandsetzungs-Richtlinie). Entsprechend wurden die örtlichen Reprofilierungen der geschädigten Stellen zusätzlich durch ein Oberflächenschutzsystem ergänzt. Durch diese Maßnahme wird der Wassergehalt im Beton reduziert, ein Fortschreiten der Korrosion behindert. Als geeigneter Oberflächenschutz kam eine Reinacrylatdispersion zum Einsatz.
Im Rahmen der Erstellung des Instandsetzungskonzeptes stellten die Sachverständigen keine Schäden im Fußbodenaufbau der Loggien fest. Eine Erneuerung des bestehenden Fußbodenaufbaus – Gussasphalt auf Trennlage mit nachträglich aufgebrachten unterschiedlichen Fliesenbelägen – war deshalb zur Abdichtung nicht notwendig und wurde entsprechend auch nicht ausgeführt. Umfangreiche Instandsetzungsmaßnahmen sind jedoch – wie sich im Verlauf der Arbeiten herausstelle – auch im Bereich der Wandkonstruktionen erforderlich.
Qualitätssicherung
Insgesamt konnte am denkmalgeschützten Gropius-Bau durch die Entfernung und Reprofilierung der Schadflächen sowie durch den flächigen Auftrag eines Oberflächenschutzsystems die Originalsubstanz der Loggien instand gesetzt und gleichzeitig Vorsorge zur Vermeidung künftiger Schäden getroffen werden. Umfangreiche und gründliche Vorbereitungen der Arbeiten durch eine flächendeckende Schadenserfassung mit umfassender Dokumentation und ein darauf basierendes Instandsetzungskonzept waren die Grundlage für die Qualität der Arbeiten.
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