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Passiert – notiert – glossiert

Betrieb & Markt News Unverdünnt aufgetragen
Passiert – notiert – glossiert

Passiert – notiert – glossiert
Foto: Florian Kunde / Adobe Stock

Bei den leidigen Debatten um das Rentenalter, leidig deshalb, weil wir die Facharbeiter, von denen viele mit 16 die Lehre begonnen haben und jetzt die 63er–Regelung in Anspruch nehmen, doch dringend brauchen. Selbst Arbeitsminister Heil, der jetzt eine Anhebung des Rentenalters erneut strikt abgelehnt, aber gleichzeitig die Betriebe aufgefordert hat, ältere Arbeitnehmer einzustellen, weil eine Wachstumsbremse drohe, zeigt plötzlich Einsicht. Nach einer aktuellen Umfrage wollen aber über 60 Prozent mit 63 Jahren aufhören – viele lieber noch früher. Die 63er-Regelung kommt übrigens nicht, wie beharrlich behauptet wird, nur Beschäftigten zu, die 45 Jahre gearbeitet haben. Die Männer, die mit 63 aufhören, haben durchschnittlich nur 39 Jahre gearbeitet, weil viele von ihnen eine längere Ausbildungszeit als zum Beispiel die mit einer in Handwerkslehre, Frauen, wegen der angerechneten Erziehungszeiten nur 37. Trotzdem liegt diese „Frührente“ monatlich um rund 200.- Euro über der durchschnittlichen. Der Trend zu immer kürzerer Lebensarbeitszeit und die Trennung von Arbeitszeit und Zeit für das sogenannte richtige Leben sind auch ein Indiz dafür, wie sich bei uns die Einstellung zu Arbeit und Beruf verändert hat. Wir sagen Job, aber das aus dem Englischen übernommene Wort bedeutet eigentlich: Eine kurze Tätigkeit, die man jemanden nur des Geldes wegen schuldet, man könnte auch sagen, zähneknirschend duldet und erträgt wie der biblische Dulder namens Job, von dem das Alte Testament erzählt. Dagegen sehen den Beruf oder gar eine Berufung mit Begeisterung und Freude an der Arbeit, nicht allein des Geldes wegen, zunehmend immer weniger. Dabei kann das Arbeiten auch Lust statt Last sein – schön und erfüllend. Wie heißt es doch schon bei Konfuzius: „Wähle einen Beruf, den Du liebst, und Du brauchst keinen Tag in diesem Leben mehr zu arbeiten.“ Wie glücklich und zufrieden, wem das gelingt. Lust statt Last. Dass es immer weniger sind ist ein Dilemma.

Preisbildung ist Politik

Kostenrechnung muss wahr sein. Und die Preise? In Schulen und Meisterkursen lernt man: Kosten plus Wagnis und Gewinn ist Preis. Die Praxis freilich lehrt: Preise werden von Angebot und Nachfrage bestimmt. Das zeigt sich gerade. Die Preissteigerungen am Bau und im Baunebengewerke sind auch Folge der Verknappung und Verteuerung von Materialien und Erhöhung der Löhne – aber nicht nur: Die Preise konnten auch angehoben werden, so eine Ifo-Studie „Gewinn-Inflation“, weil Rücklagen aus der Corona-Zeit für verstärkte Nachfrage nach Sanierung und Renovierung sorgen. Der Satz „Kostenrechnung muss wahr sein, Politik fängt mit der Preisbildung an“ gilt unverändert – in guten wie in schlechten Zeiten. Inflationsgewinner sind wir also nicht. Die beklagten Preissteigerungen sind real – aber auch reell.

Zu Risiken und Nebenwirkungen

Lesen Sie die Packungsbeilage: Der Fachkräftemangel ist nicht nur ein Kapazitäts-, sondern auch ein Kostenproblem. Aus Kostensicht hat ein Betrieb dann die optimale Größe, wenn den notwendigen, nicht reduzierbaren Fixkosten maximale variable Kosten, bei uns primär Löhne, gegenüberstehen. Sinkt die Zahl der direkt verrechenbaren Mitarbeiter, steigen die Verrechnungssätze und in Folge die Preise. Wir müssen uns also vorrangig mit erfolgversprechender Nachwuchswerbung und Mitarbeitergewinnung beschäftigen – 3x täglich.

Self und Service

Eine große Zeitung hat glossiert, dass eine Handwerkskammer mit den letztjährigen Festtagsgrüßen keine Plätzchen, sondern Ausstechförmchen samt Backrezept verschickt hat, und dies als Vorankündigung gedeutet, was Kunden bald erleben werden, wenn sie einen Handwerker bestellen. Nun ja, wenn’s Geld knapp und der Fachkräftemangel noch größer wird, könnten findige Maler im privaten Renovierungsbereich zum Beispiel auf die Idee kommen, Kunden mit Stachelwalze, Fellroller und Spachtel auszustatten und anzuweisen, wie man die alten Tapeten selber entfernt -und nur das Finish machen. Self und Service. So weit kommt’s noch.

Seid verschlungen Millionen

Eigentlich heißt es in der Strophe des Europaliedes, das Ludwig van Beethoven nach Schillers „Ode an die Freude“ vertont hat: „Seid umschlungen Millionen“. Aber die Zahlen, die jetzt der Normenkontrollrat, das unabhängige Gremium zum Bürokratieabbau, gerügt hat, bieten sich zu einer Parodie „Seid verschlungen Millionen“ geradezu an. Noch treffender wäre natürlich: „Seid verschlungen Milliarden“. 6,7 Milliarden verschlungen wurden nämlich innerhalb eines Jahres als Umsetzungsaufwand für neue Gesetze. Auch wenn die ebenfalls vom Gesetzgeber verordnete Erhöhung des Mindestlohnes diesmal dabei die größte Rolle gespielt hat, ist die Tendenz auch für den Restaufwand steigend und für die Betriebe belastend. Entgegen aller Ankündigungen baut unsere Bürokratie nicht ab, sondern auf. Zuletzt bei der Neuordnung der Grundsteuer hat sich gezeigt: Unsere Bürokratie mutiert zur „Wirrokratie – und wie.

May be

Weil für viele Flüchtlinge bei der Integration und schnellen Eingliederung in die Arbeitswelt unsere Sprache die größte Barriere ist, mehren sich die Vorschläge, Englisch grundsätzlich zur Verwaltungs-, Wirtschafts- und Berufssprache zu machen. Das würde den vielen helfen, die von Hause aus schon leidlich Englisch sprechen, eine gegenüber der deutschen vergleichsweise leichte und verbreitete Sprache. Weil unsere Jüngeren fast alle Englisch können, ist das so utopisch nicht. Statt Feierabend heißt’s dann halt quitting-time – und ab geht’s zur after-work-party. May be. We will see.

Im Auge behalten

Schwäbisch Hall, die größte Bausparkasse, hat in Kooperation mit Volksbanken ein Angebot entwickelt, mit dem die Banken unter Einbindung örtlicher Handwerker umfassenden Modernisierungs- und Renovierungs-Service anbieten, Handwerker vermitteln und auch Modernisierungs-Checks und Baubegleitung anbieten. Dazu haben die Schwaben bereits 850 Mitarbeiter zu Sanierungsberatern qualifiziert. Auch die Westdeutsche Bausparkasse ist in diese Richtung unterwegs. Mehr dazu auch unter www.bauglück.de


PraxisPlus

Autor Werner Schledt war jahrzehntelang Betriebsberater und Verbandsgeschäftsführer im hessischen Maler- und Lackiererhandwerk.

Werner Schledt

Gangstraße 35 c

60388 Frankfurt/Main

werner@schledt.de


Konfuzius

Wähle einen Beruf, den Du liebst, und Du brauchst keinen Tag in diesem Leben mehr zu arbeiten.

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