Lange Zeit galt Putz als altmodisch und wurde häufig nur als B-Variante der möglichen Gestaltungsoptionen gesehen. Innovative Gebäudeinterpretationen plante man vorwiegend in anderen Werkstoffen. Warum? Vermutlich werden Putzfassaden allgemein als etwas Tradiertes und Solides wahrgenommen und stehen nicht unbedingt für Innovation. Die Tendenzen und Phänomene in der aktuellen Architekturgestaltung wie Perforation, Transparenz, virtuelle oder parametrische Ästhetik lassen sich oftmals besser mit anderen Werkstoffen umsetzen. Hinzu kommt das Vorurteil, dem Material Putz fehle die technische und gestalterische Entwicklung. Auch der Vorwurf der mangelnden Materialauthentizität und das Image als „billiges Gestaltungsmittel“ prägen die landläufigen Vorstellungen von Putz. |
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Putz hat Zukunftspotenzial
Mittlerweile erlebt Putz eine Renaissance, die sicherlich auch den Wärmedämmverbundsystemen geschuldet ist. Insbesondere im Wohnungsbau finden sich im Zuge der energetischen Ertüchtigung großflächige Anwendungen von verputzten Oberflächen in Standardverfahren. Der materielle und ästhetische Wert von Putz geht allerdings weit über diese gängige Anwendungspraxis hinaus. Vermehrt studieren Planer und Fachhandwerker die traditionellen Techniken, um auf das drohende Glattputz-Einerlei an Fassaden mit Kreativität und gestalterischen Impulsen zu antworten. Denn Putz eröffnet, insbesondere wenn er als Dickschichtsystem angewendet wird, enorme Gestaltungsmöglichkeiten und große sinnliche Qualitäten. Themen wie Natürlichkeit und Vertrautheit, aber auch der Wunsch nach lokalen Werkstoffen und Traditionen, nach subtilen, plastischen Strukturen statt glatter Screens oder medialer Flächen, gewinnen an Bedeutung. Hinzu kommen ein wirtschaftliches Preis-Leistungsverhältnis, einfache Verarbeitung, Einsatzmöglichkeiten an historischen wie denkmalgeschützten Gebäuden, breit gefächerte Farbgestaltung und reichlich vorhandene, natürliche Rohstoffe.
Historische Putztechniken
Die Veranstaltung wird von der Sto-Stiftung gefördert. Teilnahme, Unterkunft und Verpflegung sind kostenfrei. Je Berufsschule können sich ein/e BerufsschullehrerIn mit einem/r Auszubildende/r zur Tagung anmelden. Für An- und Abreise liegen Bahngutscheine in Höhe von 60 Euro für jede/n Teilnehmer/in bereit.[/su_box]Putz hat im Bauwesen eine durchgängige, lange Tradition von der Antike über Barock, Historismus und Gründerzeit und die klassische „Weiße Moderne“ der 1920er-Jahre – deren weiße Kuben ohne Putz nicht denkbar sind –, bis zum heutigen Tag. Zu jeder Zeit wurden die historischen Techniken übernommen, variiert und ergänzt. Technisch entwickelten die Materialien sich von Lehm- über Gips- und Kalkputz bis hin zu Kalkzement- und Zementputzen, seit vielen Jahren nun auch noch mit Vergütungen auf Basis von Kunststoffen.
Vor allem aber waren und sind es die gestalterischen Möglichkeiten, die dem plastischen Material Putz innewohnen, die die Fantasie der Baumeister, Architekten und Handwerker immer wieder angeregt und herausgefordert haben: Besenstrich-, Kammzug- und Kellenwurfputz, Sgraffito- oder Kratzputz, Nagelbrett-, Rechenzug-, Rau- oder Spritzputz, um nur einige zu nennen. Gemeinsam ist diesen Techniken, dass der Putz während und nach dem Auftrag auf unterschiedlichste Art und Weise bearbeitet wird.
„Wir bieten neben vielen anderen traditionsreichen Putztechniken auch den Kammzug an“, erklärt Rudolf Ehmann, Seniorchef der Firma Form und Farbe Ehmann. „Mit dieser besonderen Putztechnik entsteht das Bild einer Art “plastischen Nadelstreifenanzugs” von zeitloser Eleganz und Schönheit.“