Brandschutzbeschichtungssysteme sind im Reigen der Maßnahmen des passiven baulichen Brandschutzes vielseitig einzusetzen.
Die Produkte schützen Stahlkonstruktionen, Holzmaterialien oder Kabel im Brandfall.
Werden Stahlträger erhitzt, so verlieren diese ab ca. 500 Grad Celsius ihre Stabilität und Tragfähigkeit. Im Brandfall könnte bei einem Gebäude mit tragenden Elementen aus Stahlträgern somit dessen Standsicherheit verloren gehen. Un-isolierte Stahlträger erreichen die kritische Temperatur im Brandfall, je nach Brandlast, schon nach fünf bis zehn Minuten. Um dieses Risiko im Brandfall auszuschließen, müssen tragende Stahlkonstruktionen mit einer Brandschutzbeschichtung oder -bekleidung versehen werden. Stahlträger mit einer Brandschutzbeschichtung können einem Brand deutlich länger standhalten als unbeschichtete, je nach Beschichtung sogar im Stundenbereich. Geeignete Beschichtungen sind dämmschichtbildende Anstrichsysteme.
Dämmschichtbildner
Dämmschichtbildende Anstrichsysteme haben die Fähigkeit, bei Hitzeeinwirkung eine gegen Wärme isolierende Schaumschicht zu bilden. Schon bei Temperaturen ab 200 Grad Celsius entwickelt sich in einem chemischen Prozess ein stabiler Kohlenstoffschaum, der die beschichteten Bauteile für einen in den Produktzulassungen definierten Zeitraum vor Überhitzung, Entzündung und schließlich vor Verlust ihrer konstruktiven Tragfähigkeit oder ihrer Funktion bewahrt.
Die Beschichtung kann im Brandfall auf ein Vielfaches ihrer ursprünglichen Schichtdicke aufschäumen und bildet dadurch eine wirksame Hitzeisolierung. Diese Schaumschicht zersetzt sich im Laufe des Brandes, wodurch die isolierende Wirkung wieder abnimmt. Innerhalb dieses Zeitfensters können Menschen und materielle Werte aus den mit Brandschutzbeschichtungen ausgestatteten Bauwerken gerettet werden.
Wie lange ein Stahlträger mit der jeweiligen Beschichtung einem Brand standhält, wird in verschiedenen Normtests geprüft. Anhand der Ergebnisse werden die Beschichtungen in Klassen eingeteilt. Klasse F 60 bedeutet beispielsweise, dass ein Stahlträger mit dieser Beschichtung unter Normbedingungen einem Brand mindestens 60 Minuten standhält.
Einen effizienten Hitzeschutz für metallische Trägermaterialien im Hochtemperaturbereich ab 1.000 Grad Celsius bieten intumeszierende (aufquellende) und keramikbildende Beschichtungssysteme. Diese Beschichtungen verhalten sich wie ein normales Beschichtungsmaterial. Treten hohe Temperaturen auf, so quillt das Material bis auf das 30-Fache der ursprünglichen Schichtdicke auf und bildet eine poröse Keramik aus. Diese schützt das Trägermaterial minutenlang vor Temperaturen bis 2.000 Grad Celsius. Anwendungsbeispiele sind Notfallisolationssysteme und der Brandschutz für Elektrokabel.
Anstrichsysteme mit Dämmschichtbildnern können auch Vollholz und Holzwerkstoffe in ihrem Brandverhalten verbessern. Im Brandfall wird von den Beschichtungen ebenfalls eine voluminöse Kohlenstoffschicht gebildet, die die weitere Sauerstoffzufuhr verhindert und das darunterliegende Holzbauteil vor der Brandtemperatur schützt.
Dämmschichtbildende Beschichtungen werden außerdem zum Schutz von Kabeln – als Alternative zu Kabelinstallationskanälen – eingesetzt. Sie reduzieren die Entflammbarkeit, verhindern die Brandweiterleitung entlang der Kabeltrassen und neutralisieren saure Brandgase.
Ähnlich wie andere Anstrichmaterialien werden auch Brandschutzbeschichtungen mit Pinsel, Rolle oder im Airless-Spritzverfahren verarbeitet.
Geprüfte Systeme
Brandschutzbeschichtungen sind Spezialfarben und aufgrund ihrer Sicherheitsrelevanz einem qualifizierten Materialprüf- und Marktzulassungsverfahren unterworfen. Es dürfen ausschließlich bauaufsichtlich zugelassene Systeme eingesetzt werden.
Daneben tritt der Anspruch an Bauprodukte hinsichtlich ihrer Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit immer mehr in den Vordergrund. Diesen Aspekt haben einige Hersteller daher in den Fokus ihrer Entwicklungsarbeit gestellt und bieten Brandschutzbeschichtungen an, die sich aufgrund eines Anteils flüchtiger organischer Verbindungen (VOC) unter der Nachweisgrenze als Baustoffe für ökologisches Bauen qualifiziert haben.
Brandschutzbekleidungen
Brandschutzbauplatten dienen als Bekleidungen für Holz, Stahl oder Beton, um im Brandfall tragende Bauteile vor Entzündung oder Temperaturerhöhung zu schützen. Die Bekleidungen bestehen in der Regel aus gipsgebunden Trockenbauplatten, die je nach brandschutztechnischer Anforderung ein- oder mehrschichtig direkt oder auf einer Unterkonstruktion aufgebracht werden. Außerdem kommen Steinwolle-Brandschutzplatten zum Einsatz.
Als Brandschutzbekleidung für Stahlkonstruktionen eignen sich z.B. Bekleidungssysteme aus nicht brennbaren (Baustoffklasse A2) Steinwolle-Brandschutzplatten mit einem Schmelzpunkt von über 1.000 Grad Celsius. Brandschutztechnisch wirksame Bekleidungen für tragende Holzkonstruktionen, die eine Verlängerung der Feuerwiderstandsdauer ermöglichen, bestehen in der Regel aus Trockenbauplatten.