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Renaissance des Ventilacks

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Renaissance des Ventilacks

Ein sogenannter Ventilack ist im Sortiment eines jeden Lackherstellers zu finden – gilt er doch als der Renovierungslack für Holzfenster und -türen. Seit Kurzem bietet Caparol den ersten wasserverdünnbaren Ventilack auf Dispersionsbasis an. Weshalb das ein Meilenstein ist, erklärt Techniker Bernhard Linck im Interview.

Fotos: Caparol Farben Lacke Bautenschutz

Herr Linck, Caparol bietet seit
Kurzem einen neuen Ventilack an. Warum sind Ventilacke so wichtig für das Malerhandwerk?

Bernhard Linck: Mitte der 80er Jahre brachte ein Hersteller eine Variante des lösemittelhaltigen Alkydharzlackes auf den Markt mit dem Namenszusatz Venti 1-2-3. Dieser Lack sollte wesentlich diffusionsfähiger sein. Venti stand dabei für die Eigenschaft den Feuchtehaushalt des Holzes ventilierend zu regulieren. Also kein Regenwasser rein-, aber Wasserdampf rauszulassen, sodass eine Regulierung der Ausgleichsfeuchte des Holzes möglich ist. Zudem war der Lack füllkräftiger und ermöglichte eine Eintopfbeschichtung, also Grund-, Zwischen- und Schlussbeschichtung mit ein und demselben Lack ohne spezielle Grundierung. Daher das 1–2–3. Andere Hersteller folgten diesem Gedanken, und so ist heute in jedem Lacksortiment ein solcher „Ventilack“ zu finden. Unter diesem Begriff steht dieser Lacktyp bis heute im Malerhandwerk als Synonym für den Renovierungslack für Holzfenster und -türen. Und nicht nur das: Ventilacke werden heute vielfach als Universallack im und rund um das Gebäude verwendet.

Das klingt nach einem fast perfekten Produkt …

Bernhard Linck: Ja, wenn da nicht immer noch der beträchtliche Lösemittelgehalt wäre. Auch die Verwendung von diversen Additiven für Trocknung und Hautvermeidung wird kritisch betrachtet. Kurzum: Der Lack hat, zumindest in dieser Form, keine Zukunft mehr. Eine Alternative musste also her. Diese kann nach heutigem Stand der Technik nur wasserverdünnbar sein, also ein Dispersionslack. Jetzt gibt es mittlerweile für alle lösemittelhaltigen Lacke und Grundierungen eine mehr als taugliche wasserverdünnbare Alternative. Einzig für den sogenannten Ventilack war das bisher nicht der Fall.

Jetzt gibt es diese wasserverdünnbare Alternative für den klassischen lösemittelhaltigen Venti-Alkydharzlack?

Bernhard Linck: Genau. Damit haben wir die letzte Lücke hin zu einem komplett wasserverdünnbaren Lack- und Lasuren-Sortiment geschlossen. Es gibt also heute im Caparol Lack- und Lasuren-Sortiment für jedes lösemittelhaltige Produkt eine wasserverdünnbare Alternative. Wie schon gesagt ist es mit Dispersionslacken kein Problem einen diffusionsfähigen und damit ventilierenden Lack herzustellen. Die Herausforderung war aber, das Füll- und das Deckvermögen sowie die Haftung unmittelbar auf alten Alkydharzlacken hinzubekommen. Mit der herkömmlichen Dispersionslacktechnologie war das nicht zu machen. Ein klassischer Dispersionslack hat einen Festkörpergehalt von ca. 40 Prozent. Das bedeutet nach der Trocknung ist von der Nassschichtdicke mehr als die Hälfte verdunstet, es fehlt an Trockenschichtdicke und damit an Füllvermögen.

Wie wurde das Problem des zu geringen Festkörperanteils gelöst?

Bernhard Linck: Mit einer neu entwickelten und patentierten bimodalen Lackdispersion. Hört sich ziemlich abstrakt an, ist aber leicht erklärbar: Nach dem Lackieren des Dispersionslackes verdunstet das Wasser. Die im Wasser feinverteilten Kunststoffteilchen verschmelzen zu einem Lackfilm. Diese Kunststoff- oder Polymerteilchen haben bei einer herkömmlichen unomodalen Dispersion eine Größe von z. B. 10 – 400 Nanometer. Bei einer bimodalen Dispersion werden nun, in einem zweiten Schritt, feinere Polymerteilchen von z. B. 15 – 200 µm dazu polymerisiert. Durch die Grob- und Feinteilchen (bimodal) erhält man einen höheren Festkörper. Das kann man sich in etwa vorstellen wie die Sieblinie beim Beton aus Grob- und Feinkies. Der Feinkies füllt die Lücken zwischen den großen Kieselsteinen. Dadurch entsteht eine kompaktere, festkörperreichere Mischung. Im Fall des neuen Ventilacks ermöglicht das einen Festkörpergehalt von 65 Prozent – bei immer noch sehr guten Verarbeitungseigenschaften mit Pinsel und Rolle sowie diversen Spritzverfahren.

Welche Vorteile ergeben sich daraus konkret für den Anwender?

Bernhard Linck: Durch den höheren Festkörper ergibt sich ein Füllvermögen, das vergleichbar mit dem klassischer lösemittelhaltiger Ventilacke ist, und ein noch besseres Deckvermögen. So ist auf einem weißen Alkydharzlack mit dem Farbton RAL 3003 Rubinrot mit zweimaliger Pinsellackierung ein deckendes Ergebnis auf Fläche und Kanten zu erzielen. Hervorzuheben sind die Verarbeitungseigenschaften. Der Lack lässt sich geschmeidig entlang der Scheibe mit dem Pinsel beschneiden. Der wasserverdünnbare Ventilack ist damit ideal geeignet für die Renovierung von Holzfenstern, Klappläden, Geländern und vielem mehr.

Wie steht es mit Blockfestigkeit, Farbtonbeständigkeit, Elastizität?

Bernhard Linck: Natürlich ist der Lack blockfest. Die Farbtonbeständigkeit ist durch das Reinacrylatbindemittel deutlich besser als bei jedem lösemittelhaltigen Ventilack. Das trifft besonders auf die Kreidungsresistenz zu. Hier liegen wir nach BFS-Merkblatt Nr. 26 in der Gruppe A. Zum Vergleich: Der klassische Alkydventilack liegt maximal in Gruppe B. Capacryl TriMaXX ist tatsächlich elastisch – im Gegensatz zu einem klassischem Alkydventilack, der üblicherweise zum Nachvernetzen neigt, mit zunehmendem Alter spröder wird.

Wichtig sind auch der Verlauf und die Haftung. Wie sieht es damit aus?

Bernhard Linck: Beim Verlauf, so ehrlich muss man sein, müssen Abstriche gemacht werden. So würde ich das Türblatt einer Haustür nicht unbedingt mit Capacryl TriMaXX Venti lackieren. Hohes Stand- sowie hohes Füllvermögen bei gleichzeitig gutem Verlauf sind leider Eigenschaften, die sich ausschließen. Zumindest bei der Lackierung mit Pinsel und Rolle. Die Spritzverarbeitung mit Airless oder mit Caparol NAST ist natürlich auch für die Fläche einer Haustür möglich. Zur Haftung ist zu sagen: Ein wesentliches Entwicklungsziel war der Eintopfgedanke. Zumindest bei der Fensterrenovierung sollte man auf eine Grundierung verzichten können. Der Holzschutz mit einem Bläueschutzmittel bleibt natürlich auf rohen, bläuegefährdeten Hölzern obligatorisch. Dieser muss ja auch bei den lösemittelhaltigen Ventilacken nach den Regeln der Technik erfolgen. Nach dem Anschleifen ist mit unserem neuen Lack sowohl auf alten tragfähigen Acryllacken sowie auch auf Alkydharzlacken das unmittelbare Überlackieren möglich. In der Regel genügt auf intakten Altlacken eine Grund- und eine Schlussbeschichtung.

Das Technische Merkblatt zum Lack gibt es hier: bit.ly/3lvEyq9


Bernhard Linck, Caparol-Technik Lacke & Lasuren

„Ventilacke werden heute vielfach als Universallacke im und rund um das Gebäude verwendet.“

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