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Perfekte Raumakustik in der Kirche

News Trockenbau
Optimierte Akustik

Glatte, harte Baumaterialien haben häufig negative Auswirkungen auf die Raumakustik. Dann muss diese durch geeignete Maßnahmen optimiert werden. In der sanierten Frankfurter Diakonissenkirche verhindern beispielsweise Akustik-Elemente aus Melaminharz-Weichschaumstoff einen „Klangbrei“.

Autorin: Petra Neumann-Prystaj | Fotos: Caparol/Claus Graubner

Nach dreizehn Monaten Umbauzeit freute sich die Kirchenmusikerin Karen Schmitt darauf, in der Frankfurter Diakonissenkirche wieder auf der Werner-Bosch-Orgel mit den 18 Registern spielen zu können. Allerdings hatte sich die Raumakustik im Innenraum der evangelischen Kirche, die 2017/18 saniert worden war und nun über eine neue moderne LED-Beleuchtung verfügte, erheblich verschlechtert. Kantorin Karen Schmitt traute sich kaum, alle Orgelregister zu nutzen, weil sie die Gemeindemitglieder nicht mit einem wummernden Klangbrei schocken wollte. Lediglich einige Flötenregister konnte sie bei der musikalischen Begleitung der Gemeinde im Gottesdienst nutzen.

Verschlechterte Raumakustik

Ein Vergleich der Referenzmessungen vor und nach der Sanierung ergab, dass sich die Nachhallzeit von vormals 3,5 Sekunden auf 4,1 Sekunden verlängert hatte. Schon zu Beginn der Sanierung hatte Malermeister Heinrich Traum, der seit Jahrzehnten für das Diakonissen-Mutterhaus tätig ist, die Vermutung geäußert, dass sich die durchgeführten baulichen Veränderungen negativ auf die Akustik auswirken könnten. „Bei der Einweihungsfeier fiel das noch nicht auf“, erzählt der Sachverständige für Putz-, Malerarbeiten, Trockenbau und Schimmel. Denn damals war der Kirchensaal voll besetzt, und die Kleidung der Besucher vermochte den Nachhall zu reduzieren. Aber Wochen später, bei der Verabschiedung eines Pfarrers, bei der nur ein kleinerer Gästekreis anwesend war, machte sich der Hall unangenehm bemerkbar – wie ein Echoeffekt in den Bergen. Das Problem war durch den neuen Fußbodenaufbau mit den nun geschlossenen Heizluftöffnungen in Verbindung mit einer anders gewichteten Oberfläche entstanden. Wie konnte es möglichst schnell, ohne großen Aufwand und bei laufendem Gottesdienstbetrieb gelöst werden?

Abhilfe gegen den „Klangbrei“

Um die angestrebten Nachhallzeiten zu erreichen, wandte sich der Malermeister daher an die Experten von Caparol. In Kooperation mit den Fachleuten wurde eine Lösung gefunden und die ursprüngliche Akustik sogar noch verbessert. Das Produktmanagement Akustik bat Verena Brettschneider, beratende Ingenieurin für Raumakustik und Mitarbeiterin des Dr.-Robert-Murjahn-Instituts, um Unterstützung, und sie übernahm daraufhin die akustische Aufarbeitung, Planung und Beratung. Die Diakonissenkirche war nicht die erste, deren Klangbild sie unter Berücksichtigung des architektonischen Gesamteindrucks neu dimensionierte. Nach intensiven Beratungen wurde ein Vorschlag mit Melaminharz-Schaumstoffelementen realisiert. Dieser Weichschaumstoff auf Melaminharzbasis mit der filigranen offenzelligen Struktur ist leicht zu montieren und flexibel in der Form: Passend zur Umgebung wird er als Platte, Segel oder Baffle (ein senkrecht von der Decke abgehängtes Element) installiert. Er kann in jeder gewünschten Farbe beschichtet werden und dadurch besondere Farbakzente setzen oder sich unaufdringlich anpassen. Heinrich Traum hatte mit dem Material, das vorwiegend in Schulen, Kindergärten, Restaurants und Arztpraxen zum Einsatz kommt, schon gute Erfahrungen gemacht.

Raumakustik: Spezialanfertigung für tiefe Töne

Eigens für die Diakonissenkirche wurde eine 400 mm breite, 100 mm dicke Panel angefertigt – dicker als der Standard, um auf mittlere und tiefe Frequenzen einwirken zu können. Teil der Aufgabenstellung war nämlich auch die Verbesserung der tiefen Frequenzen.

Die Montage erfolgte umlaufend, die Panels wurden als zusätzlicher Fries in die abgesetzten Kanten des Deckenversatzes integriert, sodass das Gesamtbild der Kirche nicht beeinflusst wurde. Der feine Unterschied zwischen dem Altweiß der Kirchenwände und dem helleren Weiß der Absorptionselemente fällt keinem Kirchenbesucher auf – sie sind ja auch acht bis knapp neun Meter über dem Boden angebracht.

„Wir haben es geschafft, die Akustikelemente im laufenden Betrieb der Kirche anzubringen“, erzählt Malermeister Traum. „Montags in der Frühe haben wir die Bänke gelockert und weggestellt und die Fahrgerüste aufgestellt. Innerhalb einer Woche wurden die Arbeiten von vier bis fünf Mitarbeitern ausgeführt. Nach Abschluss der Arbeiten präsentiert sich die Akustik wieder in gewohnten Tonlagen und Nachhallzeiten. Der spezielle Schaumstoff hat sich wunderbar in die Gesamtoptik integriert.“

Auch die Kirchenmusikerin Karen Schmitt ist zufrieden: „Das Spielen macht wieder Spaß. Die Kirchenbesucher sagen: Die Orgel klingt wieder gut.“


Nachgefragt

Verena Brettschneider, beratende Ingenieurin für Raumakustik und Mitarbeiterin des Dr.-Robert-Murjahn-Institutes, hat berechnet, wie sich das Klangbild in der Diakonissenkirche Frankfurt durch nachträglich angebrachte Akustikmaßnahmen verbessert. Hier beantwortet sie drei Fragen dazu.

Welche Anforderungen hatte der Kunde?

Obwohl sich die Nachhallzeit nach dem Umbau im Mittel nur geringfügig um 0,6 Sekunden verlängert hatte, war dies beim Spielen der Orgel und den Gottesdienstbeiträgen dennoch deutlich wahrnehmbar. Bei einem Termin vor Ort stimmten wir gemeinsam mit den Nutzern die Anforderungen an die Raumakustik und die Gestaltungsmöglichkeiten ab. Ein Hauptanliegen war es, die Nachhallzeit mindestens auf das ursprüngliche Niveau oder auch etwas weiter zu senken, um sowohl für die Orgel als auch für Sprache eine optimale akustische Umgebung zu schaffen. Dabei ist zu beachten, dass eine Orgel auch Halligkeit braucht, der Kirchenraum darf nicht zu „trocken“ klingen.

Worin lag die Herausforderung und wie sind Sie an die Lösung herangegangen?

Die Herausforderung lag vor allem darin, die zum Teil gegensätzlichen Anforderungen unter einen Hut zu bringen. Es war sowohl ein passendes Akustiksystem zu wählen, um den mittleren und tiefen Frequenzbereich abzudecken, als auch die richtige Positionierung im Raum zu berücksichtigen. Eine große Hilfe dabei war, dass bereits eine von der Diakonissenkirche beauftragte Vorher-Nachher-Messung der Nachhallzeit vorlag. Zudem sollte für die Maßnahme eine Lösung gewählt werden, welche in das Gesamtbild der bereits sanierten Kirche unauffällig und ohne nennenswerten Nutzungsausfall integriert werden kann.

Welche Möglichkeiten haben Sie dem Auftraggeber angeboten? Gab es Alternativen?

Es wurden verschiedene Lösungsvarianten ausgearbeitet. Eine Variante war hierbei das System CapaCoustic Structure als fugenlose Wandfläche aufgebaut. Zwei weitere Varianten bestanden aus 100 mm CapaCoustic Melapor Panel mit unterschiedlicher Flächenbelegung und mit einer Montage in den umlaufenden Deckenkanten. Die Platzierung der Elemente als umlaufender Deckenfries in die abgesetzten Kanten des Deckenversatzes stellte sich aus gestalterischen und auch aus akustischen Gesichtspunkten als optimale Lösung heraus. Die Nachhallzeit konnte soweit reduziert werden, dass die Anforderungen der Nutzer optimal erfüllt wurden.

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