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Fassadenrestaurierung

Fassadenrestaurierung
Sensibel restauriert

Fassadenrestaurierung: Bei der Restaurierung des Dengel-Hauses in Reutte (Tirol) wurde eine außerordentliche Gestaltungskompetenz erwartet. Gemeinsam mit dem Denkmalamt setzte ein Team von Malerinnen die Fassade wieder instand.

Text und Fotos: Hornstein & Co. KG Malerei & Vergoldung

Das Haus Obermarkt 3 zählt zweifellos zu den schönsten und mächtigsten Bauwerken der Marktgemeinde Reutte (Tirol). 2020 wurde es aufwendig restauriert. Errichtet bereits im frühen 18. Jahrhundert hat das Gebäude zahlreiche Besitzer und die unterschiedlichsten Nutzungen erlebt. Es war Wirtshaus und Brauerei, beherbergte einen Viktualien- und Weingroßhandel sowie Amtsstuben und ein Gemeinde-Archiv. Bekannt ist es in Reutte und Umgebung als das Dengel-Haus. Diesen Namen hat es einem der letzten Besitzer, Professor Dr. Ignaz Philipp Dengel zu verdanken. Er verfügte, dass das Haus nach seinem Ableben und dem seiner direkten Verwandten der Marktgemeinde Reutte zu sozialen oder kulturellen Zwecken überlassen werde. Das geschah 1955.

In den Fußstapfen der Ahnen

2019 plante die Gemeinde Reutte den Umbau des Dengel-Hauses. Im Erdgeschoss sollten ein neuer Trauungssaal und ein Geschäftslokal entstehen. Im ersten Obergeschoss waren Büroräume und ein großer Sitzungssaal für die Gemeinde vorgesehen, im zweiten und dritten Stock Wohneinheiten. Der barocke Dachstuhl im vierten und fünften Stock blieb erhalten. Die Erschließung des Gebäudes erfolgte durch den Neubau eines Treppenhauses mit Fahrstuhl an der Nordseite.

Der Auftrag zur Restaurierung der Fassade ging an die Firma Hornstein & Co. KG Malerei & Vergoldung, ein Reutter Familienbetrieb in vierter Generation. Das mehr als 100 Jahre alte Traditionsunternehmen besitzt eine ganz besondere Verbindung zum Dengel-Haus: Vor fast 100 Jahren – 1924 – hat an dieser Fassade schon einmal ein „Maler Hornstein“ gearbeitet, der Gründer des Malerbetriebes, Josef Hornstein. Nun hat sich seine Urenkelin, Gabi Hornstein, mit einem reinen Frauenteam den gewaltigen Herausforderungen dieses geschichtsträchtigen Hauses gestellt.

Die aufwendig mit Fassadenmalereien ausgestatteten Hausfronten spiegelten einst den Reichtum der Besitzer wider. Die Malereien waren aber teilweise in einem sehr schlechten Zustand. Auch die Putzflächen waren zum Teil schwer beschädigt. Die Oberflächen waren stark abgewittert und teilweise fanden sich abbröckelnde Feinputzschichten. Die Sockelzonen wiesen ein übliches Schadensbild auf: feuchtes Mauerwerk und teilweise durch Salze beschädigte Putzbereiche. Ab gewissen Höhen ließ sich eine Kristallisationsebene von Mauersalzen beobachten. Die Fassade war mit mehr oder weniger tiefen Rissen übersät, die bis ins Mauerwerk reichten. Festgestellt wurden Ausbesserungen mit organischem Farbmaterial und abblätternde Farben aus früheren Renovierungen.

Fassadenrestaurierung: Denkmalkompetenz gefordert

In Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt und unterstützt durch die Fachkompetenz des Seniorchefs Ernst Hornstein, der 40 Jahre den Betrieb in dritter Generation führte und daneben auch als Werkstättenleiter und später Direktor an der Fachschule für Kunsthandwerk und Design in Elbigenalp tätig war, wurden die Restaurierungsmaßnahmen vereinbart.

Die später erfolgten Anbauten an der Ost- und Westseite wurden abgerissen, lose und beschädigte Putzflächen vorsichtig entfernt. Die Fassade und die Fassadenmalerei wurden mechanisch mit Wasser und einem Schwamm bzw. trocken mit einem Wish-up gereinigt. Die Reinigung erfolgte derart, dass keine Schäden an der noch vorhandenen Fassadenmalerei verursacht wurden. Materialfremde Putze wurden entfernt, Risse und Fugen ausgekratzt. In den Bereichen, wo Anbauten entfernt wurden, wurde neu aufgemauert und mit einem NHL-Putz (Natural Hydraulic Lime (engl.) für natürlicher hydraulischer Kalk) vorverputzt. Mit einem faserarmierten Renovierhaftputz wurden tiefe Fehlstellen an der gesamten Fassade verpresst. Da der Putz spannungsarm ist, eignet er sich ideal zum Überziehen und Ausgleichen von tragfähigen Altputzen oder Anstrichen. Anschließend wurde mit einem Dünnschichtputz auf Kalkzementbasis niveaugleich und texturangepasst verputzt. Da durch Restaurierung und Ausbesserungen an der Fassade verschiedene organische und anorganische Materialien verwendet wurden, konnte für die Restaurierung keine klassische reine Silikatfarbe verwendet werden. So entschied man, in Absprache mit dem Denkmalamt, eine Sol-Silikatfarbe zu verwenden. Die Fassadenfläche wurde mit einer silikatischen Grundierung auf Basis von Kieselsol und Wasserglas eingestrichen, um die unterschiedlich saugenden Untergründe zu egalisieren. Anschließend wurden die Nullflächen mit einer titandioxidfreien Fassadenfarbe auf Sol-Silikatbasis mit der Bürste beschichtet, um Strukturunterschiede auszugleichen und Haarrisse zu verschlämmen. Die beiden Schlussanstriche wurden mit derselben Farbe, ebenfalls mit der Bürste, ausgeführt.

Perfekt vorbereitet und ausgeführt

Als besonderes herausfordernd stellte sich für Gabi Hornstein und ihr Team die Architekturmalerei dar. Da, wo sie noch gut erhalten war – beispielsweise an der Westseite – war sie viel zu kräftig in der Färbung. Zudem wurden für die geplante künftige Nutzung neue Fenster eingebaut, sodass auch neue Fensterumrahmungen gemalt werden mussten, die sich harmonisch in das Gesamtbild einpassen.

Um optimal auf das Projekt vorbereitet zu sein, wurden im Winter in der Werkstatt des Malerbetriebes Hornstein mit den Mitarbeitern und Lehrlingen Lochpausen angefertigt, Musterflächen angelegt und zwei komplette Fensterumrahmungen in Originalgröße aufgemalt. So konnte sich jeder mit dem Material vertraut machen und vor allem die Formen und Feinheiten der Malerei sowie die plastische Ausformung lernen. Das Wissen um den Einsatz der richtigen Werkzeuge und Applikationsarten wurde regelrecht trainiert. So war man im Frühjahr, als die Vorarbeiten an der Fassade und die Restaurierung bzw. Ergänzung der Architekturmalerei in Angriff genommen wurden, optimal vorbereitet. Die größte Herausforderung war es, die zahlreichen Farbtonunterschiede an den vier Fassadenseiten anzugleichen, ohne die Motive komplett neu zu malen. Es sollte so viel wie möglich von der ursprünglichen Malerei erhalten bleiben. Die Fassadenfarbe auf Sol-Silikatbasis ist ein sehr lasierendes Produkt und so konnte man mit dem Farbauftrag die Deckkraft sehr gut steuern und von Fenster zu Fenster die Farbigkeit entsprechend individuell anpassen.

Ein ausgezeichnetes Frauenteam

Die Fassade wurde von einem reinen Frauenteam verputzt und beschichtet. Den Hauptanteil übernahmen eine Malermeisterin und eine Facharbeiterin, unterstützt von zwei weiteren Facharbeiterinnen und einer Auszubildenden. Alle Arbeiten, selbst das Verputzen der Hohlkehlen unter dem Dach, das Streichen der Firstbretter, das Abschlagen von artfremden Putzen und das neue Verputzen wurde von den Malerinnen ausgeführt. Das Ergebnis – eine Fassade, die anspruchsvoll, sensibel, mutig und gekonnt in Szene gesetzt ist.


PraxisPlus

Bautafel

  • Bauherr: Tiroler Friedenswerk gemeinnützige Wohnbaugesellschaft m.b.H., Rum (AT)
  • Planung: Architekturbüro Alois Ortner, Ursula Ortner-Mahuschek, Innsbruck (AT)
  • Restaurierungsarbeiten: Hornstein & Co. KG Malerei & Vergoldung, Reutte (AT)
  • Eingesetzte Produkte von Keim: Keim Universalputz, Keim Turado, Keim Soldalit-fixativ, Keim Soldalit-arte

Weitere Informationen zu den Produkten:

www.keim.com



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