Besenstrichoptik: Der Oberflächenstruktur kam bei diesem Einfamilienhaus eine besondere Bedeutung zu. Als sei die Fassade von einem Moment auf den anderen ohne große Planungen entstanden, sollten tiefe Rillen und bewusst hinterlassene Materialreste dem Gebäude ein markantes Gesicht verleihen.
Waagerechte Linien, feine Rillen und schmale Erhebungen bilden sich übereinander aus. Mehr und mehr formen sich die Strukturbahnen zu einem zusammenhängenden Relief einer horizontal verlaufenden Fassadentechnik. Anhäufungen von Putzrückständen hier, nicht ganz ineinander greifende Linien nach Unterbrechungen dort: kein Abbild einer auf Perfektion bedachten Ausführung, sondern die Aufnahme einer individuellen handwerklichen Schaffenskraft. Erstellt wurde die Besenstrichoptik mit einer Strukturbürste.
Die Planung der besonderen Besenstrichoptik
Als das Gießener Architekturbüro studio aw. die Fassadenoptik eines Einfamilienhauses in Wettenberg konzipierte, war die Besenstrichoptik gesetzt. In Anklang an das bergige Umfeld sollte das Wohngebäude wie ein Fels aus dem Hang oberhalb der Stadt ragen – teilweise verborgen hinter der grünen Bepflanzung und gleichzeitig als markanter Bezugspunkt sichtbar.
Schulung vor Ort
Schon oft hatte das Architekturbüro mit Besenstrichflächen geplant. Doch nie zuvor besaß es bei der Technik eine dermaßen große Gestaltungsfreiheit, Handwerk in seiner natürlichen Beschaffenheit erlebbar zu machen. Zahlreiche Projekte hatten sie bereits zusammen realisiert, so holte sich das Architekturbüro abermals die Fassadenexpertise von Michael Willms hinzu. „Von Beginn der Planungen an war klar: Der Besenstrich bricht die schlichte und kubushafte Gebäudearchitektur auf und haucht der Hülle Leben ein“, sagt der Technische Berater von Brillux. Nicht nur dem Planungsteam stand er während der Konzeption zur Seite, auch die ausführende Krasko GmbH aus Frankfurt wies er in die fachgerechte Umsetzung der Technik ein. Willms schulte die Verarbeiter/-innen auf einer großen Musterplatte direkt vor Ort und begleitete sie auch bei den ersten Zügen am Gebäude.
Gestaltungsfreiheit durch Besenstrich
Nach der Armierung beschichteten die Mitarbeitenden die Außenwandflächen in zwei Arbeitsgängen mit dem bereits in Grau getönten Mineral-Leichtputz. Zuerst erstellten sie damit einen glatten Untergrund für den zweiten Arbeitsgang. Nach der Trocknung der ersten Schicht trugen sie den mineralischen Glattputz von Hand auf, durchkämmten ihn mit der Zahnkelle und modellierten anschließend das frische Material in horizontaler Linie mit der Putz-Strukturbürste – ganz nach den individuellen Wünschen des Bauherren.
Schicht für Schicht: Vom Mineral-Leichtputz zur markanten Schlussbeschichtung
„Trotz der heißen Außentemperaturen hat uns der Oberputz genügend Zeit gelassen, die Oberfläche ohne frühzeitiges Anziehen des Materials zu bearbeiten“, erinnert sich Krasko-Geschäftsführer Valdet Krasniqi. „Um eine Gestaltung aus einer Hand zu erzielen, hat immer dieselbe Person die Besenstriche ausgeführt.“ In Anklang an einen Stein trugen die Maler/-innen eine silikatbasierte Fassadenfarbe in einem dunkelgrauen Farbton im Rollverfahren auf. Damit die Fassade bei starker Sonneneinstrahlung nicht zu stark aufheizt, war die Silikatfarbe mit der TSR-Formel eingestellt – und zusätzlich mit Protect, um das Risiko eines Algen- oder Pilzbefalls lang anhaltend zu reduzieren. Für ausreichenden Schutz beschichteten die Verarbeiter/-innen die Flächen damit in zwei Arbeitsgängen.
Um den Anforderungen an den gewünschten Brandschutz nachzukommen, legte die Krasko GmbH mit der Dämmplatte auf Mineralwolle-Basis die Grundlage für die markante Fassadengestaltung. Die Dämmplatten, umlaufend in einer Stärke von 20 Zentimetern, verklebte das Krasko-Team mit einem mineralischen WDVS Pulverkleber. Auf Basis der Dübelberechnung von Brillux befestigten die Verarbeiter/-innen die Platten zusätzlich mit den WDVS Senkdübeln, ehe sie abermals mit dem Pulverkleber die Armierung ausführten. Im Kontrast zu den Besenstrichflächen erstellte das Krasko-Team bei den überdachten Bereichen eine feinkörnige Kratzputzstruktur. Nach der Vorbehandlung der mineralischen Armierung mit Putzgrundierung verarbeiteten sie einen organisch gebundenen Kratzputz, ehe sie die Oberfläche in Weiß mit Fassadenfarbe beschichteten.
Oberflächenstrukturen: Licht und Schatten
„Dieses Zusammenspiel der edlen Oberflächenstrukturen macht die Fassade besonders“, sagt Willms. „Mit dem gewissen Hang, gerade nicht ganz perfekt zu sein, verleiht die grob belassene Textur der schlichten Architektur eine außergewöhnliche Note.“ Jedes Streiflicht fördert prägnante Strukturen zutage. Im Schatten wirkt die Fassade dagegen gedeckt. Aus jeder Perspektive erscheint sie anders. „Um dieses Ergebnis so hervorzubringen, war Michael Willms unser großer Mentor und Rückhalt auf der Baustelle“, sagt Krasniqi. Nach den ersten Zügen mit der Strukturbürste ging die Verarbeitung einfach von der Hand – nach dem Wohnhaus in Wettenberg bereits in mehr als zehn anderen Projekten mit Besenstrichoptik.
Weitere Artikel zur Fassadengestaltung:
Struktur der Fassade (malerblatt.de)
Elastische Fassadenanstriche (malerblatt.de)
PraxisPlus
Eingesetzte Brillux Produkte:
Evocryl 200
Extrasil 1911
Mineral-Leichtputz G 3679
MW Top Dämmplatte 3857
Putzgrundierung 3710
Putz-Strukturbürste 3121
Rausan KR K1 3523
WDVS Pulverkleber 3550
WDVS Senkdübel STR U 2G 3811